"Steine schleppen und Leute traktieren"

■ Rowohlt-Buch erhebt Vorwürfe gegen Scientology-Organisation / Herausgeber ist Öffentlichkeitspastor der Nordelbischen Kirche

erhebt neue Vorwürfe gegen Scientology-Organisation / Herausgeber ist Öffentlichkeitspastor der Nordelbischen Kirche

Neues Belastungsmaterial über die „Scientology Church“ bringt ein Buch, das gestern im Reinbeker Rowohlt-Verlag erschienen ist. Unter dem Titel „Mission mit allen Mitteln — der Scientology-Konzern auf Seelenfang“ (200 Seiten, 12,80 Mark) schreiben Experten und Betroffene über die umstrittene Organisation. Herausgeber ist der Hamburger Öffentlichkeitspastor Jörg Herrmann (34).

Besonders der Bericht der ehemaligen Scientologin Angelika Rieger belastet Scientology schwer: für 130 Mark Lohn pro Woche habe sie „wie ein Pferd“ für Scientology arbeiten müssen. Unter anderem habe sie den Auftrag erhalten, mögliche Scientologen „mit nächtlichen Anrufen zu traktieren“. Als Strafe für einen „Verstoß gegen die Gruppe“ habe sie „Steine schleppen“ müssen. Der Ausstieg aus dem „Bann“ der Organisation habe Jahre gedauert.

Über Denunziationen, Bespitzelungen und Pöbeleien klagt der Berliner Journalist Jochen Maes. Nach Aufdeckung einiger Scientology-Machenschaften habe Scientology ihn beschattet und versucht, mundtot zu machen.

Katharina Gralla, in den USA lebende deutsche Journalistin, erhellt die kriminelle Vergangenheit der Scientology-Organisation: 1979 verurteilte ein US-Gericht Scientology-Gründer Hubbards Frau Mary Sue sowie zehn weitere führende Scientologen wegen Einbruchs und Verschwörung gegen die Regierung. Die Beschuldigten, Mitglieder des organisationseigenen Sicherheitsdienstes „guardian office“, hatten über Jahre versucht, Scientology belastendes Material „unschädlich zu machen“. Dafür waren sie in das Washingtoner Finanzamt und das Justizministerium eingedrungen, um Abhöranlagen zu installieren.

Unter den Autoren finden sich außerdem: Der Schleswiger Rechtsanwalt Ralf Bernd Abel, der Hamburger Öffentlichkeitspastor Hinrich C. G. Westphal, der ehemalige Scientologe Norbert Potthoff sowie die Journalisten Uwe Birnstein (Hamburg) und Karl Herrmann (Berlin). Ein Fachwort-Glossar von Marita Overbeck und ein Rechtsratgeber von Ralf Bernd Abel machen das Taschenbuch zum nützlichen Nachschlagewerk für Betroffene.

Herausgeber Jörg Herrmann, Pastor im Amt für Öffentlichkeitsdienst (AFÖ) der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, möchte mit dem Buch über die „gefährliche totalitäre Heilssekte“ aufklären. Die „Unterwanderung von Wirtschaft, Politik und Kultur“ sei „ein konspirativer Angriff auf den demokratischen Pluralismus“, den es mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu verteidigen gelte, sagte Herrmann gegenüber der Evangelischen Presseagentur.

epd