: "Die Ausrede vom niedrigen Bildungsniveau"
■ betr.: "Statt Saufen nun Knuffen und Lernen" von Detlef Krell, taz vom 25.5.92
betr.: „Statt Saufen nun Knuffen und Lernen“ von Detlef Krell,
taz vom 25.5.92
Was, bitte schön, soll denn wohl die Ausrede der Verteidigung von dem „niedrigen Bildungsniveau“ der Angeklagten? Wie gebildet (oder ungebildet) muß man denn sein, daß ausländische Mitbürger ungestraft „abgeklatscht“ werden dürfen?
Wenn Gewalt als probates Mittel zu Problemlösung angesehen wird, dann ist dies ein Phänomen, dessen Ursachen in allen — individuellen wie auch gesellschaftlichen — Zusammenhängen gefunden werden müssen. (...)
Deutlich wird auf jeden Fall, daß die Angeklagten Problemlösungsstrategien entwickelt haben und leider auch bereit sind, diese skrupellos anzuwenden. Wenn es den Angeklagten schließlich um den reinen „Spaß“ — was immer sie darunter verstehen mögen — gegangen wäre, hätten sie ja gut auch Deutsche zusammenschlagen können.
Die Ausrede vom niedrigen Bildungsniveau kann man in diesem Zusammenhang nicht gelten lassen, denn immerhin war die Aktion der Angeklagten zielgerichtet. Diese jungen Menschen wußten genau, was sie taten, und wissen wie jeder andere Ausländer angreifende Mensch in Deutschland, in welche politischen Zusammenhänge eine solche Tat einzureihen ist. Daß sie ihre Tat nicht ethisch-moralisch-philosophisch-historisch-politologisch- soziologisch-psychologisch-usw. begründen können, da sie es nicht gelernt haben, kann für mich kein Strafmilderungsgrund sein.
Wenn alle Gerichte der Argumentation dieser Verteidiger folgen würden, dann wäre Schwammberger vermutlich ein freier Mann. Und das würfe doch einen recht traurigen Schatten auf das Bildungsniveau der deutschen Rechtsprechung und deren Interpreten. Frank Ritter, Bielefeld
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