privatisierungen : Der Glaube an alte Rezepte
Reisen bildet – leider nicht immer. Da fuhr die CDU am Wochenende also zum Nachhilfeunterricht zum Niedersachsen-CDU-Wahlsieger Christian Wulff – und schon kommt sie mit Ideen zurück. Eine davon scheint zu sein, die verbleibenden Unternehmen des Landes zu privatisieren. Also Verkauf der Verkehrsbetriebe BVG, der Messe Berlin GmbH, der Stadtreinigung BSR und der Wohnungsbaugesellschaften.
Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF
Es überrascht ein wenig, dass die CDU-Berlin, der Sozialdemokratischste aller konservativen Landesverbände, nun mit solch neoliberalen Rezepten der 80er-Jahre wieder reüssieren will. War es nicht die CDU selbst, die nach dem Mauerfall noch jahrelang dafür sorgte, dass die besagten Landesunternehmen weiterhin überfütterte Monokulturen blieben? Nun ja, mag mancher denken, man könnte ja dazulernen. Aber zeigen nicht gerade die bislang vollzogenen Privatisierungen, dass das Heil nicht im Verkaufen liegt? Beispiel Bewag und die Wasserbetriebe: Seit dem Verkauf stiegen die Preise bei gleichbleibend magerem Service kräftig an. Insbesondere Teilbereiche, zumal solche, die mit dem Kerngeschäft wenig zu tun haben, will die CDU „von Privaten einkaufen“ und somit mehr Wettbewerb erreichen. Aber häufen sich nicht gerade zum Beispiel die Klagen von Kunden der BVG über rüpelhafte oder betrügerische private Ticketkontrolleure? Selbst aus konservativer Ecke gibt es andernorts schon fortschrittlicheres Gedankengut als das des Outsourcing. Solange die Landesunternehmen nicht einem echten und fairen Wettbewerb ausgesetzt werden, können Politiker rumstückeln und teilprivatisieren so lange sie wollen – daraus werden nie fitte Firmen. Die Devise muss vielmehr anders lauten: Dienstleistungen für die Bürger im Landesbesitz – und zwar im Dauerhärtetest des Wettbewerbs.