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Archiv-Artikel

press-schlag Die Drecks-Karnevalsstimmung schlägt sich sogar in den Bundesligaergebnissen nieder

Schon wieder kein Aufruhr in Dortmund

In Berlin ist seit Freitag das Fernsehen abgestellt. Also nicht komplett, sondern alles außer Erstem, Zweitem und Drittem. Da somit auch Sat.1 und das schreckliche „ran“ wegfällt und die Stamm-Fußballkneipe mir heuer zu sehr nach Dortmund-Fans-unter-den-Achseln riecht, gehe ich am 23. Spieltag zum besten Freund, der sich die Nervosität wegen Gladbach gegen Schalke mit Kochen vertreibt. In der dampfenden Küche säuselt schon die Konferenz: Cottbus spielt gegen die Bayern aus München, „Arm gegen Reich“ nennt das der Moderator klassenbewusst. Und auf dem Küchentisch, vor dem raffiniert in Essig-Senf-Kürbiskernöl marinierten Spinatsalat, liegt der Reviersport, in dem säuberlich alle bisherigen Ergebnisse eingetragen sind.

Der beste Freund geht kurz raus, bevor die Konferenz das erste Mal auf dem Bökelberg ankommt, das schlägt ihm alles auf die Pennälerblase. Ich überlege, ob ich heimlich falsche Ergebnisse in die Reviersport-Tabellen eintragen soll, habe aber Angst vor den Folgen. Dann überlege ich, warum nicht mal einer der Kommentatoren einen Witz macht und on air sagt: „Aufruhr in Dortmund! In den ersten zwei Minuten haben die Rostocker 13 Tore geschossen!“. Der beste Freund findet den Witz nicht so spitze wie ich und verbietet mir den Mund. Aber Waldoch, der übrigens vier Tage nach mir Geburtstag hat, sodass man ja mal zusammen feiern könnte, schießt ein Tor, hebt unsere Stimmung und ich bekomme endlich die Fleischbeilage zum Salat aufgetischt, die der beste Freund minutenlang nervös in der Pfanne hin- und hergewendet hatte.

Die anderen Ergebnisse gehen zur Halbzeit auch noch, in der Pause rafft sich der beste Freund sogar zum Anekdötchen auf: Auf Schalke, erzählt er, habe er einmal mitgehört, wie ein Pärchen sich darüber unterhielt, was schlimmer sei: wenn Dortmund gewänne oder Bayern. Der Mann habe schließlich erklärt, dass die verdammte Meisterschaft „neutralisiert werden muss, wenn einer von denen gewinnt! Dann wird eben keiner Meister!“

Genau, skandiere ich, neu-trali-sieren statt ver-lieren!!! Obwohl es eigentlich „statt gewinnen“ heißen müsste. Aber von der zweiten Halbzeit an geht es bergab. Am Ende hat Schalke das zehnte Remis hingelegt, Dortmund gewonnen, Reich auch, und die Schokokugeln, die ich mitgebracht habe, schmecken, als ob sie schon im Pennyregal gelegen hätten, als Köln noch in der Bundesliga war. Das muss die Drecks-Karnevalsstimmung sein, die alles versaut, sagt der beste Freund. Dann geht er in den Keller. Zum Lachen. JENNI ZYLKA