press-schlag : Was machen der Karnevalsverein und seine Anhänger ab November?
Während in Wolfsburg rote Nasen leuchten, wagen sich HSV-Fans mit neuer Oberbekleidung ans Licht, und Ailton läuft auf und ab
Mainz macht’s einem aber auch schwer, meine Güte. Gern würde ich dicke Sympathien für die Neuen in der Liga hegen, mich in rot-weiße Schale schmeißen, mir ein paar innovative Skandierungen ausdenken, drei, zwei, eins – Mainz oder so. Aber am elften Spieltag saß mindestens ein Ronald McDonald im Meenzer Block, rote Locken, weißes Gesicht, rote Nase, und das immerhin fast zwei Wochen vor dem offiziellen Beginn der fünften Jahreszeit – wo soll das denn noch hinführen? Was machen der Karnevalsverein und seine Fans denn ab November, grusel?
Nee. Nicht, dass ich mich über diese komische Niederlage am Samstag gefreut hätte, ist doch langweilig, vier Tore für Wolfsburg und nur ein Schütze, und dann auch noch drei Mainzer Spieler perdu (Kreuzbandriss, Verdacht auf Gehirnerschütterung, Verdacht auf Handspiel). Aber ich hänge halt mein Fähnchen gern nach dem Wind und der wehte zumindest bei diesem Spiel eher gen Wolfsburg, weil die Stadt einem schließlich gerade richtig Leid tun kann.
Und ich möchte mal anmerken, auch andere angebliche Fußballalleswisser hängen ihre Fähnchen übrigens nach dem Wind – kann mir mal einer erklären, woher die ganzen HSV-Fans in meiner Premieren-Kneipe auf einmal herkommen?! Seit wann darf man überhaupt HSV-Fan sein? Seit Mpenza dort mitspielt? Oder seit es im Fanshop T-Shirts mit dem Aufdruck „Doll!“ zu kaufen gibt? (Wegen „Dolly“ natürlich, aber wem sag ich das.) Mir ist das jedenfalls neu.
Ich schwenke das bereits erwähnte Fähnchen in dieser Saison schön wieder für Schalke, und bin sehr froh, dass die so gut sind, trotz Ailton, und, ja, ich weiß, dass er sein Geld wert ist, aber nein, ich mag den nicht plötzlich leiden, weil er für Gelsenkirchen spielt, beziehungsweise am elften Spieltag gegen Stuttgart spielte er ja gar nicht richtig, er schoss nur ganz schnell ein Tor und lief ansonsten ein wenig auf und ab. Ja, ja, er hat eine tolle Statistik, aber Statistiken sind etwas für Pseudofans, die sich ihre Infos anlesen. Apropos: Schalke hat mit dem Sieg, das war ja schon der fünfte in dieser entzückenden Saison, den Vereinsrekord eingestellt. In der Saison 2001/02 hatten sie das letzte Mal eine Fünferserie geschafft, das hab ich mir flugs angelesen, damit ich am nächsten Spieltag auch mal ein bisschen mitklugscheißern kann, wenn ich am Tresen meiner Premieren-Kneipe sitze und eifrig versuche, an den richtigen Stellen „ouuuuu!“ und „schöööön!“ zu brüllen.
Falls ich die Info bis Sonntag, wenn Schalke gegen die mit den „Doll!“-T-Shirts spielt, nicht wieder vergessen hab. Was andererseits aber auch gar nichts machen würde: Loyalität kann einen beim Fußball richtiggehend belasten. Ein Glück, dass ich das nicht so eng sehe. JENNI ZYLKA