press-schlag : Europatournee als Horrortrip
Die Mannschaften, die um Platz fünf in der Tabelle kämpfen, wecken wenig Vorfreude auf die kommende Uefa-Cup-Saison
„Wir werden alles dafür tun, um diesen Platz zu verteidigen.“ Es klang wie eine Drohung, was Falko Götz, Trainer von Hertha BSC Berlin, angekündigt hat, nachdem seine Mannschaft wegen eines gewonnen Punktes in Mainz wieder einmal auf Platz fünf der Tabelle geklettert ist. Sie wollen also tatsächlich wieder in den Uefa-Cup, die Berliner. Warum eigentlich? Hat ihnen das wirklich Spaß gemacht in dieser Saison?
In den sechs Spielen vom Beginn der Gruppenphase bis zum Ausscheiden in der Runde der letzten 32 steht genau ein Tor auf der Habenseite der Berliner – ein Eigentor eines schwedischen Spielers von Halmstads BK. Bei den Heimspielen im Olympiastadion wurde der gesamte Oberring gesperrt, damit sich die paar Zuschauer nicht gar so verloren vorkommen mussten im geräumigen Oval. Noch dazu regnete es bei den meisten Spielen in Strömen. Doch dafür wollen wir an dieser Stelle nicht auch noch Dieter Hoeneß, die Spieler von Hertha BSC oder den kriselnden deutschen Fußball im Allgemeinen verantwortlich machen.
Fakt ist: In den 27 Spielen dieser Saison hat Hertha BSC 37 Punkte geholt, 15 weniger als der viertplatzierte FC Schalke 04. Berlin, der VfB Stuttgart, Borussia Dortmund, alle Mannschaften, die auf Platz fünf schielen, haben sportlich den Anschluss an die Elite der Liga verloren. In Dortmund, wo einst Millionen für den Erwerb einer Champions-League-Garantie verpulvert wurden, durfte man sich am Samstag zwar freuen über einen herausragenden Auftritt bei einem der großen vier der Liga, dem Hamburger SV, mit dem ganz großen sportlichen Coup rechnet dennoch derzeit niemand im Club. Spieler wie Tomas Rosicky und Jan Koller haben schon vor Monaten angekündigt, den Verein zu verlassen. Das liegt auch an der fehlenden sportlichen Perspektive. Dass die Qualifikation für den Uefa-Cup noch möglich ist, kann daran nichts ändern.
Allzu unwahrscheinlich ist es nicht, dass die Dortmunder auf einer möglichen Europatournee ebenso klägliche Auftritte hinlegen werden wie Bayer Leverkusen (Erstrunden-Niederlage gegen Steaua Bukarest) und der VfB Stuttgart (0:2-Heimniederlage gegen Schachtjor Donezk) in dieser Saison. Stuttgart (15 Unentschieden in 27 Bundesligaspielen) und Bayer Leverkusen (9 Siege bei 10 Niederlagen) kämpfen ebenfalls noch um Platz fünf. Es besteht wahrlich wenig Grund zur Vorfreude auf eine großartige Europapokalsaison mit dem deutschen Tabellenfünften.
Vielleicht sollte die Deutsche Fußballliga freiwillig auf einen Startplatz im Uefa-Cup verzichten. Das würde allen Fußballjunkies, die den Fernseher einfach einschalten müssen, wenn eine deutsche Mannschaft auf internationaler Bühne agiert, manch grausamen Horrortrip ersparen.
ANDREAS RÜTTENAUER