press-schlag : Ein Wort zum Ort
Christoph Daum verkündet in der Eingangshalle des St.-Elisabeth-Krankenhauses in Hohenlind Gewichtiges
In den letzten Jahren gab es eine Reihe von innovativen Versuchen, neue Orte in den Sportjournalismus einzuführen. Die Dachterrasse hat sich als Topos prächtig bewährt. Die Hotellobby ist in der Torwartdebatte zum Hort der Verkündigung geworden. Nun wurde in einer Krankenhausvorhalle die Zukunft eines Fußballklubs verhandelt. Die Halle hätte zum Walhalla für den 1. FC Köln werden können. Davon einmal abgesehen, hätte es auch nicht verwundert, wenn der Klub zu Karnevalsbeginn, am Elftenelften also, die Berufung eines neuen Trainers im Lokal des närrischen Vereins „Blomekörfge v. 1867 e. V.“ gefeiert hätte; der Rheinländer ist da recht flexibel.
Doch im Krankenhaus tat sich nichts. Christoph Daum, dem es den Umständen einer Mandeloperation entsprechend ging, sagte dem kölschen Zweigestirn, bestehend aus den Fußballgrößen Michael Meier (Manager) und Wolfgang Overath (Präsident), ab. Das war eine kluge Entscheidung vom rekonvaleszenten Objekt der Begierde. Christoph Daum drängt zwar nach seiner Demission bei Fenerbahce Istanbul mit Macht auf den deutschen Markt, aber der 1. FC Köln muss es, trotz aller klüngelhaften Verbundenheit, dann doch nicht sein. Daum, gar nicht dumm, stellte, flankiert von einem Weißkittel, am Samstag die richtigen Fragen: „Welche Infrastruktur liegt vor? Wie sieht es mit dem Aufbau einer Mannschaft aus, die in zwei, drei Jahren vielleicht wieder international spielen kann?“ Die Antworten müssen den Spätheimkehrer nicht begeistert haben, also bleibt er auf der Suche nach einem Verein, der seine Ambitionen befriedigen kann.
Der Herbst ist dafür eine hervorragende Jahreszeit. Die Trainer knapsender Vereine müssen sich Sorgen um ihre Zukunft machen. Und Daum, lange Zeit unerwünscht in deutschen Stadien, ist nach seinen Engagements in Österreich und der Türkei ein Mann, der in den Erwägungen hiesiger Fußballmanager wieder eine Rolle spielt. Warum auch nicht? Er hat im Ausland Buße getan, unter Beweis gestellt, dass er sein Handwerk beherrscht. Warum sollte er auf ewig mit einer bizarren Affäre in Verbindung gebracht werden? In der Zwischenzeit hat sich der deutsche Fußball auch ein paar andere, durchaus gewichtige Skandale geleistet. Daums Geschichte aus dem Jahr 2000 bleibt ein Schurkenstück, aber weiß Gott nicht das einzige in einer Szene, die so wunderbar bigott sein kann.
Daum steht vor einem Comeback. Die deutschen Großvereine, ja selbst ein siecher Hamburger Sportverein, werden ihn aber trotzdem nicht wollen, dafür ist sein Auftreten noch immer zu erratisch, seine Vergangenheit zu suspekt. Insofern wäre Christoph Daum ein großartiger Trainer für den FC gewesen. Und Köln ein Ort der fußballerischen Verheißung.
MARKUS VÖLKER