portrait : Die oberste Anklägerin der Republik
Erstmals wird eine Frau Generalbundesanwältin. Monika Harms soll im Juni die Nachfolge von Kay Nehm antreten, dessen Amtszeit endet. Bisher war die resolute Dame, die der CDU angehört, Richterin am Bundesgerichtshof (BGH). Bald ist sie oberste Anklägerin der Republik und zugleich eine zentrale Figur im Antiterrorkampf.
Die 1946 in Berlin geborene Harms ist der juristischen Öffentlichkeit seit rund sieben Jahren ein Begriff. Damals übernahm sie die Leitung des fünften Strafsenats am Bundesgerichtshof, der als einziger BGH-Senat in Leipzig sitzt. Damit war sie Teil der Frauenoffensive am BGH, die die ehemalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) eingeleitet hatte.
Der bekannteste Prozess der Juristin war vermutlich das Verfahren gegen den früheren DDR-Staatschef Egon Krenz, der am Ende zu sechseinhalb Jahren Haft wegen seiner Mitverantwortung am Mauerregime verurteilt wurde. Ein Urteil, das ihr auch persönlich aus dem Herzen zu sprechen schien, obwohl Krenz nur die Mitwirkung an zwei unwesentlichen Routinebeschlüssen vorgeworfen werden konnte. Immerhin hat anschließend der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Klage gegen das Urteil einstimmig verworfen.
Als Generalbundesanwältin hat Harms weiterhin mit Strafrecht zu tun und ist als Anklägerin in erster Linie für Verfahren zuständig, die die innere Sicherheit betreffen. Kay Nehm hatte in den letzten Jahren Akzente gesetzt, indem er auch Verfahren gegen unorganisierte rechte Gewalttäter übernommen hat. Er wollte damit – auch für das Ausland – ein deutliches Signal setzen, dass die deutsche Justiz solche Taten besonders ernst nimmt. Es ist eine der spannenden Fragen, ob Harms diese Politik weiterführt.
Hoffnung können sich Menschenrechtler machen, die mit Hilfe des deutschen Völkerstrafgesetzbuchs Ermittlungen gegen ausländische Kriegsverbrecher wie US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld oder Massaker-Verantwortliche wie den usbekischen Innenminister Sakir Almatov einleiten wollen. Während Nehm bisher alle Strafanzeigen abwies, könnte Harms couragierter sein. Im Verfahren wegen des libyschen Anschlags auf die Berliner Diskothek La Belle kritisierte sie, dass die wahren Hintermänner des Attentats, „so genannte Diplomaten“, nicht auf der Anklagebank saßen.
Harms wird voraussichtlich am Mittwoch auf Vorschlag von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) im Bundeskabinett nominiert. Die nachfolgend erforderliche Zustimmung des Bundesrats gilt als sicher, nachdem sich die große Koalition auf die BGH-Richterin geeinigt hat. CHRISTIAN RATH