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Archiv-Artikel

portrait Kämpfer für eine nationale Versöhnung

Heute ist sein großer Tag: Željko Komšić tritt sein Amt im dreiköpfigen bosnischen Staatspräsidium an. Dass der 42-jährige Jurist und bisherige Bürgermeister des Stadtteils Novo Sarajevo ganz knapp gewählt wurde, hat bei den kroatischen Nationalisten in Bosnien und Herzegowina zu großer Unruhe geführt. Sie sagen, Komšić sei gar kein richtiger Kroate. Und der Kardinal von Sarajevo beklagt sich, die Kroaten Bosniens hätten nun keine Vertretung mehr in dem höchsten Staatsorgan des Landes.

In der Tat ist Komšić nicht nur von Kroaten, sondern auch von Serben und Muslimen gewählt worden. Erstmals seit dem Friedensabkommen von Dayton 1995 stimmte ein Teil seiner Wähler über ethnische Grenzen hinweg. Komšić kam zudem zugute, dass sich die kroatischen Nationalisten in zwei Parteien gespalten haben, die HDZ und die HDZ-1990, und somit die Stimmen für ihre Kandidaten splitteten.

Komšić lächelt angesichts all dieser Anwürfe. Er sei von Geburt an Katholik und damit bosnischer Kroate. Nach der Definition der Nationalisten wäre also nur derjenige Kroate, der ihrer Partei angehöre. Er werde nicht auf den neuen Posten verzichten und als Präsident des Landes wie bisher auch für eine multiethnische, demokratische und friedliche Gesellschaft eintreten. Als Mitglied der Sozialdemokraten (SDP) werde er weiter das Sprachrohr für alle sozial Deklassierten sein, wolle sein Augenmerk auf die Entwicklung der Wirtschaft legen und versuchen, die nationalen Spannungen im Lande zu vermindern.

Nun hoffen seine Wähler, dass Komšić neben dem Muslimpolitiker Haris Silajdžić und dem serbischen Sozialdemokraten Nebojša Radmanović als dritter Mann in der Päsidentschaft alle jene ermutigen kann, die bisher nicht wagten, gegen die Nationalisten aller Seiten aufzumucken.

Im Krieg verteidigte der aus Sarajevo stammende Komšić in der bosnischen Armee seine Stadt und bekam den höchsten Tapferkeitsorden, die „goldene Lilie“. Nach dem Krieg ging er in die Politik, wurde 2001 für zwei Jahre Botschafter in Serbien. Noch immer trauert er dem ermordeten damaligen serbischen Premier Zoran Đinđić nach. „Lebte er noch, wäre auch alles in Bosnien leichter.“

Aus Kroatien erhielt Komšić, der mit einer Muslima verheiratet ist, Unterstützung. Der Präsident Stipe Mesić erklärte, die Kroaten Bosniens müssten die demokratische Wahl anerkennen. Das sei sehr positiv, sagt Komšić. „Jetzt kommt es vor allem darauf an, wie Serbien reagiert.“ Die Regierung schüre wegen des Kosovo-Konflikts leider erneut nationale Spannungen in Bosnien und Herzegowina.ERICH RATHFELDER