pds-parteitag : Diese Truppen gibt es nicht
Ausgerechnet die PDS soll die „Partei der Einheit“ werden. Nachdem sie fünfzehn Jahre lang Ressentiments und Ängste im Osten ausbeutete, soll sie sich nun um die Kränkungen und Befindlichkeiten im Westen kümmern, um 2006 die Rückkehr in den Bundestag zu schaffen. Meint Gregor Gysi. Der Mann hat wirklich Chuzpe.
KOMMENTAR VON ROBIN ALEXANDER
Einer „Wahlalternative West“, die sich im Westen allerdings noch bilden muss, macht Gysi jetzt schon ein Kooperationsangebot. 1990 probte die PDS ihre Westausdehnung mit Ex-DKPlern und versprengten Linksradikalen. Als das nicht klappte, versuchte man den Neuaufbau West über lokale Schwerpunkte. Jetzt sollen es Gewerkschafter und SPD-Dissidenten richten? Gysi wirkt wie ein General, der Truppen kommandieren will, die es gar nicht gibt.
Recht hat er allerdings darin, seiner Partei neue Themen zu erschließen: Die zentralen PDS-Positionen – gegen Reformen an den Sozialsystemen, gegen eine militärische Option in der Außenpolitik – sind aller Ehren wert. Allerdings sind sie nicht original PDS. Ihre Friedenspolitik ist vielmehr der alte aufgegebene Pazifismus der Grünen. Ihre Verteidigung des kapitalistischen Wohlfahrtsstaats ist ursozialdemokratisch.
Die PDS hat diese Standpunkte bezogen wie eine verlassene Wohnung. Allerdings ist sie kündbarer Untermieter geblieben: 2002 kehrten die linken Wähler schnell zu Rot-Grün zurück, als der Kanzler Nein zum Irakkrieg sagte. Die Angst vor Reformen à la Merkel wird 2006 eher das Original SPD als die Kopie PDS stark machen.
Eine Qualität hat die PDS allerdings, die ihr bisher niemand streitig machen kann: Wie keine ihrer Konkurrentinnen ist sie in Ostdeutschland verankert. In einigen Gegenden ist die Partei beinahe Monopolistin. Deshalb fällt ihr bei der Auseinandersetzung mit der in den neuen Ländern grassierenden Fremdenfeindlichkeit und Demokratiemüdigkeit eine zentrale Rolle zu.
Ernsthaft kann die PDS diese Aufgabe aber nur selbstkritisch betreiben: Wie weit war der Antifaschismus in der DDR nur ein aufgesetzter? Wie weit befördern auch die PDS und ihre Vorfeldorganisationen Erwartungen, die der Staat in einer freien Gesellschaft nicht erfüllen kann? Die ostdeutsche Unzufriedenheit nicht als Ressource, sondern als Aufgabe begreifen: Hier könnte sich die PDS Verdienste erwerben, die sie wirklich wählbar machen würde – sogar im Westen.
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