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Archiv-Artikel

pds macht wasg druck Die Spielregeln der Realpolitik

Oskar Lafontaine und der neue PDS-Landeschef Klaus Lederer wollen die störrische Berliner WASG zur Räson zwingen. Latent schwingt dabei ein abfälliges „Lernt ihr erst mal, Politik zu machen“ mit. Damit verkennen sie eines: Linkes Denken zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es auf Vorgaben von oben, auf Fraktionszwang, auf schlichtes Machtkalkül allergisch reagiert.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Wenn sich eine Bewegung aus Protest gegen die Landespolitik gründet, hat sie nicht nur das Recht, auf Opposition zu beharren – es ehrt sie auch. Die WASG-Forderungen lassen sich mit der Regierungspolitik der Linkspartei nicht vereinbaren; dort werden sie – teils zu Recht – als utopisch gebrandmarkt. Deshalb ist es konsequent, bei der Abgeordnetenhauswahl den Alleingang anzustreben. Klug ist es jedoch nicht. Denn realpolitisch gedacht haben Lafontaine wie Lederer Recht.

Die Entwicklung im Bund, der Wahlerfolg des Linksbündnisses, hat die Berliner WASG überholt. Sie ist plötzlich Teil einer Bundespartei mit eigenen Interessen und bekommt die Spielregeln der Realpolitik übergestülpt. Die WASG hat das Pech, dass für sie keine Schonfrist gilt. Genau die bräuchten ihre Aktivisten aber: Zeit, sich im Land auszuprobieren. Zeit, den Umgang mit Medien zu üben. Zeit, ihre Grenzen auszuloten.

Aber die haben die WASGler nicht. Lafontaine wie Lederer haben die Spielregeln verinnerlicht und wenden sie gnadenlos auf die Wahlalternative an. Dazu gehört, um des Machterhalts willen Kompromisse zu machen, die man für undenkbar hielt. Dazu gehört auch, eigene Befindlichkeiten zugunsten des Erfolges im Bund zurückzustellen. Die WASGler werden sich letztlich den Regeln unterwerfen müssen: Eine Berliner WASG, die sich von Bundespartei und Landesverbänden abschottet, wird auf Dauer in der Versenkung verschwinden. Egal, wie gut sie bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl abschneidet.