olga stolpovskaya, regisseurin : Die rebellische Ästhetin
Ob die Lachfalten von Olga Stolpovskaya ansteckend sind? Wenn ja, dürften heute viele Gäste des schwul-lesbischen Filmfestes eine Portion fröhlicher dreinschauen. Gestern war die Regisseurin in Hamburg zu Gast. Im Gepäck hatte sie ihren Film „You I Love“, ein mit Humor gewürztes Melodram über eine Dreiecksbeziehung zwischen zwei Männern und einer Frau in Moskau.
Homo- und Bisexualität – was im Film so locker daherkommt, ist im realen Russland ein heikles Thema. Zwar ist der Paragraph, der Homosexualität unter Strafe stellte, seit 1993 abgeschafft, Übergriffe auf und Verbote von Demonstrationen der Rainbow-Fahnen-Schwenker sind jedoch keine Seltenheit. Zu der von der Stadt Moskau verbotenen Gay Pride Parade im Mai diesen Jahres ging Olga Stolpovskaya gar nicht erst hin. „Ich habe befürchtet, dass es gefährlich werden könnte“, sagt die 36-Jährige.
Die Filmemacherin thematisiert Bisexualität nicht nur in „You I Love“ – auch sie selbst liebt sowohl Männer als auch Frauen. Ihre heute 16-jährige Tochter zog sie jahrelang mit ihrer Freundin groß – von der allerdings niemand wusste, dass sie die Lebensgefährtin von Olga war. Jetzt plant sie das erste schwul-lesbische Filmfest in Moskau. „Wann das realisiert wird, weiß ich noch nicht. Die Anträge bei der Stadt sind gestellt, wurden bislang aber ignoriert“, sagt die zierliche Frau mit den blonden Locken. Auch wenn die Liberalisierung gleichgeschlechtlicher Liebe ihre Passion ist, will sie für das Filmfest „weder Leben noch Karriere aufs Spiel setzen“.
Ihr großes Vorbild ist der französische Filmemacher Francois Ozon. „Die Art, wie er in den Protagonisten versteckte Gefühle zeigt und die Ästhetik seiner Bilder gefallen mir sehr“, sagt die Regisseurin. Sie selbst widmet sich in ihrem nächsten Film „Rote Tulpen“ einer Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen. „Das Projekt liegt allerdings aus finanziellen Gründen auf Eis“, bedauert Stolpovskaya. „Staatliche Filmförderung ist in Russland patriotischen Streifen vorbehalten.“ SÖRRE WIECK