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Archiv-Artikel

noch sechs tage bis zur wahl bush vs. kerry Codie for Kerry – „the German“ organisiert für die Wahlhelfer der Demokraten das Essen

Wer in der Wahlzentrale der Demokraten in New Mexico nach Bernhard Kuttenhofer fragt, erntet skeptische Gesichter. Fragt man hingegen nach „Codie“, sagen sie „Oh yes, the German“ und zeigen auf einen Schreibtisch in der Ecke und einen kleinen Mann mit Brille, blauen Augen und dunklen Haaren.

Kuttenhofer ist deutscher Importwahlkämpfer, der Kerry kommenden Dienstag zum Sieg verhelfen will. Der Einfachheit halber verpasste der Mann aus Regensburg seinem heimischen Spitznamen „Kutti“ kurzerhand eine englische Variante. Schließlich reden sich Amerikaner ungern mit Nachnamen an und der Vorname Bernhard geht ihnen auch nicht flott von der Zunge.

Zwei Monate ist Kuttenhofer, der Politik und Amerikanistik studiert, bereits hier. Im Internet entdeckte er die Möglichkeit, als freiwilliger ausländischer Wahlhelfer für die Demokraten zu arbeiten, bewarb sich und wurde angenommen. Das Flugticket bezahlte er selbst. Verpflegung und Unterkunft sind frei. Die Erlebnisse sind unbezahlbar.

Seinem Wunsch nach einem politischen Wechsel in den USA opfert er sogar die ersten Semesterwochen. „Wenn ich schon nicht für oder gegen den US-Präsidenten stimmen kann, der wie kein anderer Regierungschef das Weltgeschehen beeinflusst, will ich zumindest meine Unterstützung im Wahlkampf anbieten“, sagt er. Zuständig ist er vor allem für die Essenslogistik. Speisen und Getränke sind für die Vielzahl der Freiwilligen die einzige materielle Aufwandsentschädigung. Der bislang nachhaltigste Eindruck für ihn: wie emotional der Wahlkampf in den USA geführt wird und wie sehr auf beiden Seiten die Nerven blank liegen. „Auf Diskussionen mit Republikanern lasse ich mich nicht mehr ein. Das bringt nichts.“

Sein Aufenthalt hat aber dazu beigetragen, eines der für ihn größten Rätsel – warum die ganze Welt klar Kerry wählen würde, nur die Amerikaner unschlüssig sind – ansatzweise zu lösen. Er machte die Erfahrung, dass viele Wähler lediglich an der Haltung der Kandidaten zu einem für sie entscheidenden Thema, wie Schwulenehe, Abtreibung, Waffenbesitz oder Sicherheit, interessiert sind. „Andere Themenfelder blenden sie aus.“ Kuttenhofer, der von der „Kultur des freiwilligen Engagements“ in den USA beeindruckt ist, eröffnet auch neue transatlantische Perspektiven: Bei Bedarf könnten Ortsvereine der SPD demnächst auf Freiwillige aus Oklahoma zurückgreifen, die im Sauerland an Haustüren klopfen und Senioren anrufen. MICHAEL STRECK