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Archiv-Artikel

neues aus neuseeland: in zwei tagen wird gewählt, dass es nur so splittert von ANKE RICHTER

Die Kiwis sind schneller als wir: nur noch zwei Tage bis zur Wahl. Eigentlich hatte ich das Thema längst abgehakt. Aber kluge Leser bemerkten, dass ich noch längst nicht alles enthüllt hätte, was die antipodische Politik hergibt. Zu viel Ungesagtes geistert zwischen den Erdhalbkugeln herum. Während alles darauf wartet, ob die rasende Premierministerin im Sattel bleibt, werden die Hinterbänkler glatt vergessen. Ob Splitter- oder zukünftige Koalitionspartei – sie alle müssen der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Auf den letzten Drücker daher der Leckerbissen zuerst: Welch ein Jubel ging durch mein Herz und welch Entsetzen durch meine zweite Heimat, als vor kurzem der feisteste Moralapostel von „Christian Heritage“ als Kinderschänder verhaftet wurde. Der zehnfache Vater, Vorbeter und Polizeiberater hatte gegen schwule Eltern gewettert und härtere Strafen für einfach alles gefordert – taktisch eher unklug, wenn die Knackis das Gleiche mit ihm vorhaben, was er kleinen Mädchen antat.

Mein Mitleid und das vieler Friseure hat dagegen Donna Awatere Huata. Der gefallene Engel der Act-Partei, die der FDP entspricht und unbefangen als rechts bezeichnet werden kann, taucht seit zwei Jahren mit wechselnden Haarfarben und Dauerwellen vor Gericht auf. Donna hat 82.409 Dollar abgezwackt, die für eine Stiftung für leseschwache Kinder gedacht waren. Der Verein hieß, ebenfalls ganz unbefangen, Pipi-Stiftung. Von dem Geld ließ sich die angehende Opernsängerin den Magen verkleinern, was ihr gut steht.

Deutlich weniger Glamour besitzt die kürzlich gegründete Maori-Partei, geführt von einer abtrünnigen Labour-Querulantin. Die hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen. An der Verurteilung der dreisten Donna, siehe oben, sei allein die „rassistische Justiz“ schuld. Und wenn ein polynesisches Kind von den Eltern zu Tode geprügelt wird, dann liege das am „postkolonialistischen Trauma“. So viel sprachliche Eleganz imponiert mir, auch wenn ich als Europäerin teiltraumatisierend bin.

Faszinierend ist der Chef von „New Zealand First“, der mit Hetzsprüchen und manikürten Klauen gegen alles Schlitzäugige, Muslimische oder sonst wie für ihn Bedrohliche vorgeht. Sähe er nicht so galant aus, würde er nicht mit den Politkolumnisten tafeln und ihnen kein böses Wort entlocken, und lebte er nicht in Wellington, sondern in Wanne-Eickel – dann würde man ihn wohl einen ausländerfeindlichen Demagogen nennen. Er wird nur noch vom schmierigen Führer der Geldeintreibersekte „Destiny Church“ übertroffen, die auch als Partei antritt und – da schließt sich der Kreis – gegen Schwulen-Ehe, Abtreibung und alles Unchristliche mit schwarz uniformierten Horden vors Parlament zieht.

Falls mir jetzt die gut informierten und politisch korrekten Leser vorwerfen, dass die letzten vier Politclowns Maori seien und ich damit irgendetwas sagen wolle, dann sage ich: Das muss man erst mal schaffen, so durch und durch bikulturell zu sein, dass die ethnische Minderheit Positionen erobert, die sonst traditionell nur von weißen Hanseln bekleidet werden. Davon könnte sich Australiens John Howard eine dicke Scheibe abscheiden, mit oder ohne Splitter.