nebensachen aus wien : Che Guevara im Donaupark
Der Donaupark in Wien hat eine lateinamerikanische Ecke. Dort wird das Gedenken des Befreiungshelden Simón Bolívar (1783–1830) geehrt, der kubanische Unabhängigkeitskämpfer José Martí (1853–1895) wird hier mit einer Büste gewürdigt, und Chiles weggeputschter sozialistischer Präsident Salvador Allende (1908–1973) hat auch sein Denkmal. Jetzt soll der argentinische Revolutionär Ernesto Guevara de la Serna (1928–1967), besser bekannt als Che Guevara, seinen Platz bekommen. Anlass ist dessen 80. Geburtstag am 18. Juni. Das Monument wird aber erst am 9. Oktober, dem 41. Jahrestag seiner Ermordung, aufgestellt.
Die Österreichisch-Kubanische Gesellschaft (ÖKG), ein Verein von Solidaritätsveteranen, gab bei Gerda Fassel, Professorin für angewandte Kunst, eine 70 Zentimeter hohe Bronzebüste in Auftrag, die im September in einer Wiener Innenstadtgalerie ausgestellt wurde. Die Künstlerin orientierte sich nicht an der zur Ikone gewordenen Fotografie von Alberto Korda von 1960, sondern entwarf aus mehreren Vorlagen ihren eigenen Che, der aber zwecks eindeutiger Identifizierung auch nicht ohne die unvermeidliche Mütze auskommt. „Che Guevara verkörpert wie kaum ein anderer die existenzielle Verdichtung einer Epoche“, erklärte der Vorsitzende des SPÖ-Pensionistenverbands und Exinnenminister Karl Blecha. Er fungiert als Chef des Personenkomitees für die Finanzierung des Vorhabens. Die 28.000 Euro, die das Kunstwerk kostet, müssen über private Spenden hereingebracht werden. Die Stadt Wien unterstützt zwar das Vorhaben, spendet aber nur den Betonsockel und die gärtnerische Gestaltung des Standorts.
Dass Filmabende und Konzerte in KPÖ-nahen Lokalen die Kosten nicht hereinspielen würden, war klar, deshalb verfiel man auf die Idee ein Golfturnier für die „Che-rity“ zu gewinnen. Schließlich war Che, der aus einer begüterten Familie stammte, selbst begeisterter Golfer. Das Turnier wurde aus „organisatorischen Gründen“ abgesagt. Trotzdem kamen bis Mitte September 18.000 Euro zusammen. Alfred Kohlbacher von der ÖKG zeigte sich hinsichtlich der restlichen 10.000 Euro zuversichtlich. Es gebe verbindliche Zusagen.
Querschüsse kamen von der FPÖ. Es sei unfassbar, „dass die SPÖ der Aufstellung einer Büste des Massenmörders Che Guevara im Donaupark zustimmt“, wetterte der Donaustädter FPÖ-Gemeinderat Toni Mahdalik. Che Guevara sei für hunderte Exekutionen von Regimegegnern, für Folterungen und für die Errichtung von Arbeitslagern verantwortlich. Weniger Bedenken hatte die FPÖ aber, den Helden der kubanischen Revolution für ihren Wahlkampf auszuschlachten und T-Shirts mit Parteichef Heinz Christian Strache als „StraChe“ im Che-Guevara-Look zu verteilen. Der Erfolg vor allem bei Jungwählern gab ihr Recht.
Auch bei der Linken und in der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft selbst ist das Projekt umstritten. Statt für teure Büsten solle man lieber für Projekte in Kuba spenden, meinen einige. Alfred Kohlbacher findet das kleinkariert: „Kuba ist ja kein armes Land mehr. Letztes Jahr hatte es das höchste Wirtschaftswachstum in ganz Lateinamerika.“ Es gehe um die politische Geste. Die Büste wird EU-weit das erste Guevara-Monument an einem öffentlichen Platz sein. Nur in Berlin steht schon eines – auf dem Areal der kubanischen Botschaft. RALF LEONHARD