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Archiv-Artikel

nebensachen aus johannesburg Die südafrikanische Verfassung kann wohl nur mit „Rapex“ durchgesetzt werden

Auf dem Weg zu den „Library Gardens“ in Downtown Johannesburg tanzen sie mir entgegen, die Anhänger Jacob Zumas, außer Rand und Band über den Freispruch des einstigen südafrikanischen Vizepräsidenten in einem Vergewaltigungsprozess. Mit Stöcken und Speeren bewaffnet, manche traditionell gekleidet – halbnackt in Kuhhäute gewickelt mit künstlichen Leopardenpunkten aufgepinselt, denn echte Felle sind rar. Polizisten sind überall – in Erwartung des Chaos. Drei Typen umzingeln mich, drängen mich an eine Häuserwand: „Hey, give me a Rand!“ Gott, soll es das jetzt sein, für einen Rand – das sind 0,12 Euro? Es riecht aber eher nach Alkohol statt nach Gefahr.

Auf dem Weg aus der Stadt schiebt ein Händler an der roten Ampel kostenlose Kondome durch den Schlitz des leicht geöffneten Fensters. Kaum zu Hause, klingeln die Telefone: Jeder will über Sex und Zuma reden. „Wenn der tatsächlich Präsident wird, verlasse ich das Land“, ist aus der schwarzen Mittelschicht zu hören. Über den Ticker läuft eine Geschichte zum neu entwickelten Frauenkondom „Rapex“, die Idee einer Südafrikanerin zum Schutz für Frauen in einem Land, in dem sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kindern enorm verbreitet ist. „Rapex“ ist mit Häkchen versehen, die sich ins Fleisch eines Eindringlings graben. Das ganze Ding kann nur im Krankenhaus entfernt werden – schmerzhafter Beweis für die Tat. So gesehen hatte Zuma Glück.

Eigentlich wollte Südafrika Anfang Mai das zehnjährige Bestehen seiner demokratischen Verfassung feiern, doch Zuma hat die Schau gestohlen. Die moderne Konstitution verankert Frauen- und Kinderrechte. Aber bei den traditionell denkenden ANC-Anhängern kannte die Wut über die Frau, die Zuma vor Gericht brachte, keine Grenzen. „Wenn sie ihm ihre Vagina zeigt, was soll er tun – er ist ein Mann“, schrien sie in die Mikrofone. Und sie verbrannten „Muti“ (Kräuter) zum Dank für die Freilassung. Manche Frauen hielten Plakate „No Woman President“. Damit stellen sie sich gegen den von Präsident Thabo Mbeki geäußerten Wunsch, eine Frau ab 2009 regieren zu lassen. Und zeigen klar: Zumas Machogerede im Gericht über den angeblichen Zulubrauch, eine erregte Frau nicht unbefriedigt zu lassen, zieht.

Bei vielen Frauen zieht sich jedoch eher die Magengrube zusammen. Der Polygamist Zuma – er hat drei Frauen – antwortet am nächsten Tag auf die Frage einer Radiomoderatorin, wieso er nach dem umstrittenen, vor Gericht behandelten Sexakt geduscht habe, um nach eigenen Worten das Risiko einer HIV-Infektion zu verringern – herablassend: „Wenn man eine Zwiebel schält, wäscht man sich doch hinterher die Hände, nicht wahr, meine Liebe? Und ich wusste ja auch, mit wem ich geschlafen hatte.“

Die Klägerin, die Opfer von Zumas Gelüsten wurde und vor Gericht scheiterte, verließ inzwischen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion per Flugzeug das Land. Und Zuma duscht immer noch: Täglich zeigen die Cartoons in den Zeitungen den Exvizepräsidenten unter der Brause, wie er sich mit einer dicken Bürste das Aidsrisiko und seine Schuld abwäscht. MARTINA SCHWIKOWSKI