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Archiv-Artikel

nacht der theologie Fight Club im Dom

„Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und euch spät erst niedersetzt, um das Brot der Mühsal zu essen; denn der Herr gibt es den Seinen im Schlaf.“ (Psalm 127, 2)

Es hatte etwas von Mühsal. Es war ein spätes Niedersetzen. Und vielleicht war es gar nicht nötig, denn denen, die einschliefen, hätte es der Herr sowieso im Schlaf gegeben. Und doch war der kleine Vorlesungssaal samt Empore im zweiten Stock des Berliner Doms am Mittwochabend voll besetzt. Die Studentinnen und Studenten der evangelischen Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität luden im Rahmen der Streikaktionen zu einer „Langen Nacht der Theologie“. Eine originelle Art des Protestes in diesem an originellen Aktionsformen nicht armen Streik der Berliner Hochschulen.

„Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ (Matthäus 26, 40f)

Noch vor zehn Jahren hatte die Theologische Fakultät 39 Professoren. Die Zahl wurde schrittweise auf 15 seit 1998 gesenkt. Würden die Sparbeschlüsse des Senats umgesetzt, werden es nur noch 10 sein. Dann wäre diese einzige Theologische Fakultät Berlins und Brandenburgs der Professorenzahl nach auf Platz 15 der evangelischen Theologiefakultäten gerutscht, erklärte Theologieprofessor Richard Schröder, früher Abgeordneter der frei gewählten Volkskammer und des Bundestages.

„Dann werdet ihre die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien.“ (Johannes 8, 32)

Erst für 1 Uhr nachts war der letzte Programmpunkt der „langen Nacht der Theologie“ angesetzt: der Spielfilm „Vaya con Dios“. Davor referierte unter anderem der Theologe Wilhelm Gräb über Gottesbezüge in Hollywood-Filmen wie „Die Truman Show“, „Verschollen“ und „Fight Club“ – Ausschnitte davon zeigte er auch. Am aufregendsten und komischsten aber war ein Vortrag, der von allen Programmpunkten des Abends das wenigste zu versprechen schien: Über „Theologie in der DDR“ sprach der Theologe Wolf Krötke. Er schilderte die absurden Versuche des SED-Regimes, die Theologen zu gängeln. Die aber hätten sich in den Hochschulen der Kirche, etwa dem Sprachenkonvikt in Ostberlin, im Vergleich zu den Theologiesektionen an offiziellen Universitäten trotz allem „geistige Überlegenheit und Freiheit“ bewahrt, so Krötke. Dies müssten die Studierenden auch heute tun, damit nicht nach der Macht des Staates die Macht des Geldes herrsche: „Das sollte an diesem Ort nicht sein!“, rief Krötke aus. Der Beifall war lang. PHILIPP GESSLER