marcelinho : Abgenabelt
Am Samstag nabelten sich Hertha und Marcelinho endgültig voneinander ab. Fünf Jahre lang prägte der Brasilianer das Berliner Spiel. Nun kam er ein halbes Jahr nach Vertragsauflösung wieder ins Olympiastadion zurück. Der Spielplan sah vor, dass er ausgerechnet an alter Wirkungsstätte für seinen neuen Verein, den VFL Wolfsburg, debütieren sollte. Die Premiere misslang, Berlin gewann mit 2:1.
Von Beginn an begleiteten die Hertha-Fans jede Ballberührung mit Pfiffen. Marcelinho gab nach der Partie zu, er hätte freundlichere Reaktionen erwartet. Es folgte eine kurze Gedankenpause, dann war der Ernüchterte auf dem Boden der Realität angekommen: „Aber das ist normal. Hertha-Fans sind nicht für Wolfsburg. Ich habe jetzt eine neue Aufgabe.“ Der unwirtliche Empfang verhalf Marcelinho, sich gedanklich endgültig von seiner Zeit bei Hertha zu lösen. Im vergangenen halben Jahr, während seines missglückten Gastspiels beim türkischen Erstligisten Trabzonspor, wird er sich öfters nach Berlin zurückgesehnt haben. Hertha fiel der Emanzipationsprozess leichter. Mit gebündelter Kraft erzielte der Verein auch ohne Marcelinho Erfolge. Zudem musste man sich nicht mehr mit allerlei Eskapaden herumärgern.
Dass Marcelinho bei Hertha aber immer noch eine Sonderstellung genießt, offenbarte deren Trainer Falko Götz. Normalerweise verwahrt sich Götz dagegen, gegnerische Spieler zu kritisieren. Im Falle des neuen Wolfsburger Spielgestalters machte er eine Ausnahme. „Ich habe Licht- und Schattenaktionen gesehen“, so lautete sein distanziertes Urteil. Genau betrachtet fielen die lichten Momente Marcelinhos auf die ersten 70 Minuten, am Ende reichte die Kraft nicht mehr. Bis dahin war der 31-Jährige an fast allen Wolfsburger Angriffen beteiligt. So trat er auch den Freistoß, den der Berliner Torwart nicht festhalten konnte. Alexander Madlung, der andere Ex-Herthaner, erzielte im Nachschuss die Wolfsburger Führung. Trotz der kurzen Eingewöhnungszeit von zwei Wochen nimmt Marcelinho bei den Niedersachsen bereits dieselbe Rolle ein, die er schon bei Hertha innehatte: Er ist die Leitfigur. Simon Jentzsch, Wolfsburgs Keeper, ist von den Vorteilen der neuen Hierarchie überzeugt: „Marcelinho wird noch einige Spiele für uns gewinnen.“ JOHANNES KOPP