magazine, kracht etc. : Acht Freunde müsst ihr sein
Ein Bekenntnis: Ich habe mir bisher alle sieben Ausgaben der von Eckart Nickel und Christian Kracht herausgegebenen Zeitschrift Der Freund umstandslos am Tag des Erscheinens gekauft. Ganz richtig, gekauft, für 10 Euro, und nicht als Rezensionsexemplar beim Verlag geschnorrt oder im Café 103 geklaut. Ich war sofort begeistert von dem Projekt, der Haptik: aufwändiges Softcover und Layout, keine Fotos, keine Werbung, die Motivsprüche auf dem Einband (Fire walk with me, The Sleeper must awaken). Und natürlich davon, dass das Magazin von vornherein nur auf acht Ausgaben angelegt war. Oder, um es mit Morrissey zu sagen: You know I couldn’t last. Wäre dem nicht so gewesen, wäre ich sicherlich gleich nach der ersten Ausgabe ausgestiegen.
Indessen wuchs meine Begeisterung nur noch, als ich beim Durchblättern jedes Mal erleichtert feststellte, dass ich natürlich keinen der Artikel lesen würde (was ich dann auch tatsächlich nicht gemacht habe). Es waren herrliche Bullshit-Themen wie das ostfriesische Kloot-Scheeten, den Plastikstuhl Monoblock oder das Kunstkriterium „Sobig“ („Kunst, die so schlecht ist, dass sie gut ist“), über die man gern mal was gelesen hätte, Betonung auf hätte. Also, wenn mal Zeit gewesen wäre und man tatsächlich, wie von Kracht imaginiert, am Sonntagnachmittag mit einem Tee in der erkaltenden Badewanne gelegen hätte. Also nie.
Man amüsierte sich trotzdem hervorragend. Über die empörte (und immer auch etwas zu stolz auf die Ablehnung abgedruckte) Leserpost à la „Der größte Schwachsinn, den ich je gelesen habe“, und den schönen Trick: sich die Welt durch gnadenlose Affirmation und gepflegten Ennui vom Leib zu halten! Vorbildlich praktiziert haben „DJ Nikkull (German)“ und „DJ K-Rajt (Swiss)“ – wie es auf einem im Heft 2 abgedruckten Partyflyer der Buddha Bar einmal hieß – dies vor allem in den ab Heft 5 auftauchenden „Uneingeschränkten Buchempfehlungen“ der Werke von Peter Hahne bis Daniel Kehlmann. Hat man natürlich auch nicht zu Ende gelesen.
Am 15. Juni erscheint jetzt der letzte Freund, mit einem ausführlichen „Lord of Wort“-Interview mit David Lynch, auf das ich mich schon sehr freue und das ich wahrscheinlich auch nicht lesen werde. Viel lieber würde ich mal wieder was von Christian Kracht lesen. Oder einfach nur wissen, wie es mit ihm weitergeht. ANDREAS MERKEL