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Archiv-Artikel

live on stage superpunk

„Der am meisten schwitzende Mann im norddeutschen Tanzkapellen-Business.“ So stellt Superpunk-Sänger und -Gitarrist Carsten Friedrichs im Bremer Kulturzentrum Schlachthof den Keyboarder und Tausendsassa Thies Mynther vor. Aber dass Thies Anzug und Filzmütze vollschwitzt und regelmäßig ausschüttet, ist nur eine der Attraktionen, wenn man ein Superpunk-Konzert besucht.

Die fünf Hamburger spielen eine Mischung aus Northern Soul und Sixtys-Beat, die durch die unsentimentale Schule des Punk gegangen ist. Da macht es dann auch nichts, wenn der Sound in den Ohren scheppert.

„Das nächste Stück versucht sich an der Verbindung aus Depression und Twist“, kündigt Carsten Friedrichs ein Stück an. Und das trifft es. Superpunk-Stücke zaubern unweigerlich ein Lächeln aufs Gesicht. Sie reißen mit durch ihren zwingenden Backbeat. Und man giert nach jedem Stück – was am klassischen Drei-Minuten-Songformat liegt. Die Texte hingegen handeln von sozialer Ungerechtigkeit und sind auf verquere Weise klassenkämpferisch.

Direkt vor der Bühne steht ein in sich versunkener Mann, der an seiner Zigarette saugt. Nur einmal zeigt er seine Zustimmung. Beim Stück „Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen“ singt er mit.

Superpunk spielen den zum Widerstand ermunternden Sound gegen den Sozialabbau. Ihr größter Hit heißt „Neue Zähne für meinen Bruder und mich“ und handelt von einem, der für seinen Zahnersatz zum Entführer wird. Geschrieben noch vor der Gesundheitsreform, die den Zahnersatz aus der Pflichtversicherung strich, steckt die Quintessenz des Songs in der Zeile: „Ich habe keinen Hass auf die Reichen, ich möchte ihnen nur ein bisschen gleichen.“ Diese Mischung aus Klassenkampf, Humor und mitreißenden Sounds ist eigentlich eine englische Spezialität. Superpunk haben sie erfolgreich für Deutschland adaptiert. Dieter Wiene

Nächster Auftritt: 3. Oktober, Hamburg, Knust