leserinnenbriefe :
Vorurteilsmaschine läuft weiter
■ betr.: „Die Legende vom faulen Arbeitslosen“ u. a.,taz vom 26. 1. 10
Die Niveaulosigkeit beginnt bei Medien, die faule Arbeitsunwillige vorführen. Ein Talk mit Florian Gerster und Heiner Geißler bot ein krasses Beispiel. Dann kam Herr Koch! Mit ihm würden Arbeitslose im Jobcenter höflichst bedient, bekämen Ausfüllhilfe. In der Debatte geht es kaum um die Leistungssätze. Ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse, Billiglöhne etc. werden salonfähig gemacht!
Die Bundesagentur bestimmt die Politik – nicht umgekehrt! Der hohe Verwaltungsaufwand wird beklagt, 20 Euro Kindergeld werden aber zurückgefordert. Was kostet das?
Vor dem Start war klar: die Konstruktion „Jobcenter“ ist fragwürdig. Die Bundesagentur hat sich geschickt aufgebläht. Die Kommunen wälzten Personalkosten ab. Das vorgegebene „aus Akten werden Menschen“ verschwand. Die Arge-Mitarbeitenden sind mit Verwaltungsarbeit zugeschüttet, für die Arbeitsuchenden kaum erreichbar, Zeit für Betreuung fehlt. Die wird an Träger mit Billiglöhnen ausgelagert. Mannheimer Ergebnisse erstaunen. Sind sie Nachhaltigkeit? Wer bezahlt die Reibungsverluste, wenn die Zusammenarbeit Arbeitsagentur/Kommune unfreiwillig ist? Was hindert jede Verwaltung, „Akten laufen zu lassen“ – nicht Menschen? Zwei korrekte Bescheide auf einer Seite helfen! Die „Vorurteilsmaschine“ läuft weiter. Die individuellen Belange, die Grenzen und Möglichkeiten aller „KundInnen“ sind integrierend zu entwickeln. Ob die Kommune oder die Bundesagentur dabei die Macht hat, ist für die Hilfeempfangenden zweitrangig. ROLF SCHEYER, Köln
Ein ehrlicher Beitrag
■ betr.: „Die Vorurteilsmaschine“, taz vom 26. 1. 10
sehr guter und endlich mal ein ehrlicher beitrag der medien. wurde allerdings auch mal zeit. war fünf jahre in alg 2, nachdem ich 35 jahre einbezahlt hatte. bin nun in frührente und zum glück raus aus dem unternehmensgesetz für mehr gewinn (hartz 4). weiter so und nicht nachgeben. MICHAEL GENGENBACH, Berlin
Haftpflicht für AKW-Betreiber
■ betr.: „4.785 Gigawattstunden Rest“, taz vom 25. 1. 10
Die Energieversorger machen Kasse und überlassen das Risiko der Atomtechnologie dem Steuerzahler. Es ist Zeit, dass große, Markt dominierende Unternehmen in die Pflicht genommen werden und Verantwortung übernehmen müssen. Das heißt im Klartext: Für den Betrieb eines AKW ist eine Haftpflichtversicherung ohne Obergrenze obligatorisch. Abzudecken sind alle Folgeschäden (Umlagerung der 130.000 Fässer aus Asse, belastete Nahrungskette durch radioaktiv verseuchte Wasserausleitung in den Ärmelkanal. Gedeckt wäre auch der Schaden einer Kontamination wie 1986 in Tschernobyl. Für eine Verjährungsregelung sehe ich dabei keinen Anlass. Die Kosten der „Forschungs“-Zentren und der Demontage der Meiler gehören ebenso raus aus öffentlichen Budgets wie die Kosten der Endlagerung. Auch für die Entsorgungsdienstleistungsfirmen müsste die obligatorische Haftpflichtversicherung gelten.
Abgesehen vom neuen Geschäftsfeld für die großen Rückversicherungen: Die Versicherer würden die Risikostruktur (teure schlechte Technologie, Preissenkung durch bessere Sicherheitstechnik) endlich zu Kosten machen. Bekämen wir nicht schlagartig – fernab der ideologischen Argumente – kostengetrieben eine Lobby für den zügigen Ausstieg aus der Risikotechnologie?
JOCHEN SIEBEL, Landsberg am Lech
Veränderte Gletscherwelt
■ betr.: „Klimaforscher: Wir haben gepfuscht“, taz vom 21. 1. 10
Gletscher sind wichtige Speicher im hydrologischen Kreislauf. Dieser kommt durcheinander, wenn Gletscher abschmelzen. Sie reagieren sehr stark auf klimatische Schwankungen. Mit Hilfe von Massen- und Energiebilanzmodellen kann man heute Veränderungen der „Gletscherwelt“ relativ gut prognostizieren. Das Phänomen gibt es nicht nur im Himalaja, sondern weltweit, zum Beispiel hier vor der „Haustür“, in den Alpen. Nach Untersuchungen aus der Schweiz (ETH-Zürich) haben sich die Schmelzraten seit den 70er-Jahren um zehn Prozent per Dekade erhöht, sodass kein Zweifel daran bestehen kann, dass hier eine klimarelevante „Zeitbombe“ tickt! Mit enormen Auswirkungen auf die Region und den gesamten Tourismus. Einzelne Ungereimtheiten in den IPCC-Berichten (Weltklimarat) dürfen kein Argument sein, in unseren Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel nachzulassen! CHRISTIAN LUKNER, Bonn