leserinnenbriefe :
Mehr als persönliche Dinge
■ betr.: „Der große Selbstdarsteller“, taz vom 22. 11. 10
Mehr als irgendwelche persönlichen Dinge („Bauernsohn“, der „als Kind gern Räuber und Gendarm spielte“) dürfte die LeserInnen der taz wahrscheinlich interessieren, welche Rolle Anders Fogh Rasmussen vor Beginn seiner Amtszeit als Nato-Generalsekretär gespielt hat. Als dänischer Regierungschef sorgte er nämlich dafür, dass Dänemark mit ungefähr 500 Soldaten an der Seite der USA und Großbritanniens in den Irakkrieg zog. Die von ihm zur Begründung behauptete Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen stand schon im Frühjahr 2003 (dem Beginn des Kriegs gegen den Irak) im Widerspruch zu den Ergebnissen einer Bedrohungsanalyse des dänischen Verteidigungsgeheimdienstes. Dieser hatte damals erklärt, absolut keine Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak zu haben. Der Geheimdienstmitarbeiter Frank Grevil wurde wegen Weitergabe dieser Erkenntnisse an die Öffentlichkeit sogar zu vier Monaten Gefängnis verurteilt.
Mittlerweile sind die dänischen Truppen aus dem Irak abgezogen worden. Anders Fogh Rasmussen verweigerte jedoch eine Entschuldigung für den Überfall auf den Irak. Selbst zum kürzlich erfolgten (Lippen-)Bekenntnis der Nato zur atomaren Abrüstung musste er allem Anschein nach erst von Außenminister Westerwelle gedrängt werden. Seine Wahl zum Nato-Generalsekretär hatte Rasmussen sehr engagiert betrieben: Unter dem Vorwand der Vorbereitung des Klimagipfels war er Anfang 2009 nach Berlin und London gereist, um dort für seine Kandidatur zu werben. Dass er damit Erfolg hatte, zeigt einmal mehr, für welche Außen- und Kriegspolitik auch die deutsche Bundeskanzlerin Merkel steht. HEINZ ECKEL, Berlin
Die Meinung der Öffentlichkeit
■ betr.: „Der große Selbstdarsteller“, taz vom 22. 11. 10
Seit über einem halben Jahr verbreitet Rasmussen über die Medien, z. B. auch über die Bundeswehr-Webseite, er wolle die Meinung der Öffentlichkeit zur neuen Nato-Strategie hören. Anfang Mai schrieb ich an den Generalsekretär, die Nato sollte doch ein Verteidigungsbündnis sein und nicht weltweit Militäreinsätze führen. Zudem stellte ich ein paar Fragen, z. B. ob künftig das Konsensprinzip aufgegeben und Nato-Kriege auch ohne UNO-Mandat geführt werden können. Trotz Mahnung und Hilfe durch Nato-Parlamentarier des Bundestags gab es keine Antwort. Am 11. November diskutierte der Bundestag über die neue Nato-Strategie. Dabei kannten nur wenige Obleute den Textentwurf für die Konferenz in Lissabon. Quer über die Fraktionen beklagten unsere tapferen Volksvertreter die Geheimeinstufung durch den Generalsekretär Rasmussen, aber ohne Konsequenz. Einer Organisation wie der Nato, die nicht nur die Bürger, sondern auch die Abgeordneten an der Nase herumführt, sollte Deutschland nicht länger angehören. Dann hat sich auch die Suche nach neuen Aufgaben erledigt. ALFRED HUBER, Heilbronn
Die Beliebigkeit wächst
■ betr.: „Grüne Basis will nicht kuschen“ u. a., taz vom 22. 11. 10
Das Ergebnis hat mich maßlos enttäuscht. Kein Wort zu Afghanistan, kein Wort zur Umstrukturierung der Bundeswehr und der Nato, kein Wort zu Auslandseinsätzen zur Sicherung der letzten Ressourcen. Diese Partei ist als pazifistische Gruppierung angetreten. Petra Kelly mit Stahlhelm und Blumen und der Forderung, aus der Nato auszutreten, dem Krieg mit friedlichen Mitteln zu begegnen. Das Geld, statt für Rüstung auszugeben, in Bildung und Entwicklungshilfe für benachteiligte Länder zu stecken. Schwerter zu Flugscharen! Heute darf die Bundeswehr in Schulen Werbeveranstaltungen für den Dienst an der Waffe machen, ohne dass dies vonseiten der ehemaligen Pazifisten zur kritischen Kenntnis genommen wird. Mit dem Anstieg der Wählerstimmen wächst die Beliebigkeit dieser Partei. Schade. MARIANNE SPÄTH, Lorch