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Archiv-Artikel

leserbriefe

Diktat der absoluten Abstinenz

■ betr.: „Kinderärzte besorgt“, taz Bremen v. 6. Mai

Mit Schrecken und Angst verfolgen wir, Eltern und Großeltern von Drogenabhängigen, die Horrormeldungen aus Bremen. Aus einer Stadt, die zu den Vorreitern einer humanen und akzeptanzorientierten Drogenarbeit und Drogenpolitik gehörte. Doch scheinen die vielen Kürzungen im Bereich der Drogenhilfe nicht nur eine jahrelang aufgebaute Hilfestruktur zu vernichten, sondern auch ein Klima zu schaffen, welches man nur als vergiftet bezeichnen kann.

Selbstverständlich muss die Jugendhilfe eingreifen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Dies gilt für Familien, in denen Eltern keine Drogen konsumieren genau so wie in solchen, wo Eltern Drogengebrauch praktizieren! Doch was hier und heute in Bremen stattfindet ist der erbärmliche Versuch, eine auf Humanität setzende Drogenarbeit und Drogenpolitik wieder einem Diktat der absoluten Abstinenz zu unterwerfen. (...) JÜRGEN HEIMCHEN, Wuppertal, Bundesverband der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit

Angriffe durch schwarzen Block

■ betr.: „Brauner Aufmarsch – rote Augen“, taz Bremen v. 3. Mai

(...) Wenn das Bündnis „Keinen Meter!“ in seiner Pressemitteilung erklärt, „auf der genehmigten Route wurde die erste Reihe der antifaschistischen Demonstration ohne unmittelbaren Anlass und ohne Vorwarnung um kurz nach 10 Uhr von der Polizei brutal angegriffen“, stellt das definitiv eine unwahre Aussage dar. Dies kann ich bezeugen, da ich selber ein Teil der aus Vertretern von Parteien, Gewerkschaften und sonstigen Organisationen gebildeten ersten Reihen. Diese erlebten zu keinem Moment einen Angriff durch die Polizei.

Die einzigen Angriffe erfolgten durch Teilnehmer des schwarzen Blocks, die sich ihnen unliebsame Parteifahnen griffen, Personen beschimpften, welche sie meinten als Parteimitglieder erkannt zu haben (...) Dies ging sogar soweit, dass ein älterer Gewerkschaftler beinahe vom schwarzen Block überrannt wurde, was aber nochmal ganz knapp verhindert werden konnte. Ich bin absolut kein Freund harter Maßnahmen der Polizei bei Protestaktionen (...) Aber diese Art und Weise der Verdrehung von Tatsachen kann ich nicht gut heißen.

BENJAMIN WAGNER, Bremen

Verbrechen zur Kenntnis nehmen

■ betr.: „Bremens Nahost-Konflikt“, taz Bremen v. 10. Mai

(...) So schwer, wie damals die politischen Großkopfeten, tut sich heute das gesamte Parteienspektrum Bremens, abgesehen von den Linken, anzuerkennen, dass Menschenrechte unteilbar sind im Sinne: gleiche Menschenrechte für Israel und für das palästinensische Volk.

Genau das geschieht nicht, wenn Elvira Noa, Hermann Kuhn und andere sich weigern, Israels permanent ungesetzliche Landnahme, widerrechtliche Zerstörung von Häusern und Wohnungen, die darauf folgende gnadenlose Austreibung der Bewohner zur Kenntnis zu nehmen. Die willkürlichen administrativ gezielten Verhaftungen auch von Jugendlichen und Kindern, die fortlaufend stattfindet, scheinen sie nicht zu berühren. Sie schauen weg und wollen nicht wissen, dass die Niederschlagung von Aufständen wohlgemerkt in den besetzten Gebieten (...) mit modernsten Waffensystemen erfolgt, deren Auswirkungen an Scheußlichkeit nicht zu übertreffen sind.

Die Liste der Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegenüber dem palästinensischen Volk seitens Israel ließe sich uferlos fortsetzen und sie weist nichts Vergleichbares an Menschenrechtsverletzungen seitens der Palästinenser gegenüber dem israelischen Volk auf. Da Ben Gurion einst offen bekannte, dass der Friede das Schlimmste ist, was Israel passieren könnte, kann die kritische Weltöffentlichkeit davon ausgehen, dass das brutal kolonisierte, eingemauerte Jahrtausend alte palästinensische Kulturvolk dem Untergang preisgegeben ist, wenn nicht von außen massiv dagegen protestiert wird, unter anderem mit dem Boykott israelischer Waren aus den illegalen Siedlungen. (...) FRIEDRICH BODE, JEDDINGEN, Pastor i.R., Teilnehmer beim Bremer Friedensforum

Völlig falsche Lehren

■ betr: ebd.

Wir leben in einem Land, wo es nach den größten geschichtsbekannten Verbrechen mit Abermillionen von Opfern zum größten Wiedereingliederungswerk für Täter kam, das die Weltgeschichte je gesehen hat.(...) Deutsche Links- wie Rechtsextremisten verdrängen und relativieren die historisch beispiellosen NS-Großverbrechen, indem sie diesen Leichen-Himalaja im Keller der deutschen Geschichte gegen vermeintliche Untaten anderer Völker aufzurechnen versuchen.

Diese Deutschen werden daher den Juden Auschwitz und den Amerikanern und Briten die Befreiung vom Nationalsozialismus nie verzeihen. Nur so ist der skandalöse Aufmarsch lupenreiner Antisemiten (mit und ohne Migrationshintergrund) im März 2011 vor einem Schwachhauser Supermarkt zu erklären, dem weitere bestürzende antijüdische Boykottaktionen folgen sollen. Ja, so sind sie, die hippen Deutschen des in der Villa Ichon lokalisierten Bremer Friedensforums, allzeit bereit, Lehren aus der Geschichte zu ziehen. Und wenn es die völlig falschen sind. MARTIN ROONEY, Bremen