kurzkritik: die Nahost-Diskussion der DIG : Ermüdende und sinnlose Debatte
Eine Stunde – länger ist das verbale Gemetzel nicht auszuhalten. Auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft stritten sich nach bewährtem Muster am Dienstagabend diejenigen, die sich vor langer Zeit entschieden haben, „Pro-Israel“ oder „Pro-Palästina“ zu sein, dem jeweiligen Land loyal zur Seite zu stehen, egal, was passiert. Das bedeutet, dass die einen in der aktuellen Eskalation des Nahost-Konflikts die israelischen Bombardements als alternativlos und „saubere“ Militäraktion rechtfertigen müssen und die anderen den Hamas-Terror als legitimen Widerstand eines unterdrückten Volkes verklären.
Neue Einsichten bietet die Debatte nicht, die Argumente sind längst ausgetauscht. Das Erstaunliche: Je unlösbarer der Knoten erscheint und je mehr die Menschen in diesem einen Teil der Welt leiden, umso sicherer sind sich die Menschen im kuscheligen Bremen, auf der richtigen Seite zu stehen. Dass diejenigen, denen die miesen Lebensumstände der Palästinenser stets näher gehen als die von Menschen im Kongo oder Myanmar, zum Teil haarsträubend schlicht und bar jeder Kenntnisse argumentieren (einer forderte den bereits vollzogenen Rückzug der Siedler aus dem Gazastreifen), macht die besser begründete Position der Kriegsbefürworter nicht sympathischer. Natürlich wird irgendwann auch die Antisemitismus-Keule ausgepackt. Zwar fragt man sich bei einigen der Anwesenden tatsächlich, warum sie derart emotional auf einen Krieg reagieren, von dem sie in keiner Weise betroffen sind, aber einer Verständigung hat der Nazi-Vorwurf noch nie gedient.
„Wenn wir uns hier über die Schuldfrage streiten, hilft das den Menschen vor Ort herzlich wenig“, wirft eine Frau ein und meint damit sowohl Israelis als auch Palästinenser. Leider ist die Mittdreißigerin eine Ausnahmeerscheinung im gut gefüllten Saal in der Bürgerschaft, Altersdurchschnitt 60 plus. Wie ihr gelingt es kaum jemandem, die eigene Urteilskraft nicht von Emotionen blockieren zu lassen.
eiken bruhn