kulturhauptstadt im Kasten (14) : Die Debatte zur Bremer Bewerbung – heute: Carmen Emigholz, Kulturpolitische Sprecherin der SPD
Die Kreativen der Stadt in die Konzeption miteinbeziehen
Bremen möchte Kulturhauptstadt Europas werden. Aber wie? Kulturschaffende, Wissenschaftler und Entscheidungsträger beziehen Position. Heute: Carmen Emigholz, Kulturpolitische Sprecherin der Bremer SPD
Als von meiner Sache überzeugte Fachpolitikerin hat mich die Entscheidung des Senats, eine Bewerbung Bremens als Kulturhauptstadt im Jahr 2010 zu betreiben, sehr gefreut. In der Begründung für die Bewerbung wird ausdrücklich die aktive Rolle der Kultur für die Sanierungsstrategie des Landes hervorgehoben. Diese Einschätzung sollte nicht missverstanden werden. Hier geht es nicht um die Instrumentalisierung von Kunst und Kultur für politische Ziele, sondern um die lang erwartete, schwer erkämpfte Anerkennung kultureller Produktivität an sich.
Bremen hat eine sehr lebendige und vielseitige Kulturszene, die über außerordentlich professionelle Netzwerke verfügt. Diese im Bereich der Wissenschaft, der Wirtschaft oder auch der Stadtentwicklung zu intensivieren, kann dem inneren Gefüge einer modernen Stadtgesellschaft sehr dienlich sein. Kreatives Potential wird in allen gesellschaftlichen Bereichen zur Lösung komplexer Fragen benötigt.
Bremen hat die einmalige Chance, im überregionalen Wettbewerb ein neues, spannendes Profil zu entwickeln. Die Stadt lebt von der Unmittelbarkeit einer konstruktiven Streitkultur und dem vielseitigen Engagement von Bürgerinnen und Bürgern. Es ist eine große Herausforderung, die Bewerbungsphase so zu gestalten, dass mit Hilfe der professionellen Beratung von Martin Heller und Martin Roth die kulturellen Entwicklungsfelder der Stadt mit Außensicht gewichtet und gefördert werden können.
Dies birgt die Chance, Bremen kulturpolitisch neu zu positionieren. Das bisher etwas schwammige Vorhaben, eine Kulturentwicklungsplanung zu betreiben, kann jetzt Profil gewinnen. Politisch Verantwortliche müssen diesen Prozess mit großer Aufmerksamkeit verfolgen und gestaltend aufnehmen. Die Bewerbungsphase darf nicht zu einem bloßen Event werden, sondern sollte auch nachhaltig Wirkung zeigen. Dies kann nur gelingen, wenn die Kreativen dieser Stadt in die Projektkonzeption mit einbezogen werden.
Über Ideen muss man öffentlich diskutieren können. Meine Vision ist, „die Stadt in Bewegung zu bringen“, Gedankenaustausch nicht nur Gremien zu überantworten, sondern ein Klima zu schaffen, das eine breite Identifikation von Bürgerinnen und Bürgern mit ihrer Kulturstadt und Stadtkultur ermöglicht. Mit neuem Schwung ist besonders dann zu rechnen, wenn im Zuge dieser Aktivitäten auch Probleme angepackt werden, die für Kulturschaffende existenziell sind. Das heißt Planungssicherheit für Einrichtungen, Projekte und Initiativen über ein mehrjähriges Kontraktmanagement zu gewährleisten, der KünstlerInnenförderung neue Impulse zu geben und ein innovatives Konzept für kulturelle Bildung auf den Weg zu bringen.
Auch das Gelingen der Reorganisation der Kulturverwaltung spielt dabei eine wichtige Rolle. In schwierigen Zeiten ist das Prinzip der Fachlichkeit unverzichtbar. Bei aller Euphorie darf nicht verkannt werden, dass wir uns in harter Konkurrenz befinden. Bisher liegen 16 Bewerbungen deutscher Städte als Europäische Kulturhauptstadt 2010 vor.Trifft man sich in Bundesgremien, vernimmt man von vielen Fachpolitikern die Absicht, Künste und Kultur in Zeiten harter Reformen schützen zu wollen. Ein durchaus mit großer Ernsthaftigkeit betriebenes Anliegen. Bremen könnte ein Geheimtipp werden, allerdings sind die Maßstäbe für den „Zuschlag“ sehr komplex. Entscheidend wird nicht nur die inhaltliche Konzeption in Bezug auf die festgelegten EU-Kriterien sein, sondern auch Lobby-Arbeit und ein professionelles Marketing. Eines ist jedoch sicher: Wenn die Bewerbungsphase als Schulterschluss vieler Akteure der Stadt gelingt, werden wir gewinnen – egal, ob Bremen 2010 Kulturhauptstadt wird oder nicht. Carmen Emigholz