piwik no script img

Archiv-Artikel

kucken sie mal: auf bremens blg-leinwänden Kostenlose Zukunft: Die 7. Filmwoche der Bremer Logistics Group

Die Sternenreisen der Zukunft werden in „Raumschiffen“ unternommen, deren „Kapitän“ von einer „Brücke“ aus befiehlt. Die Science-Fiction-Autoren haben sich von Anfang an reichlich von der christlichen Seefahrt inspirieren lassen, sich dort Terminologie, Metaphern und Mythen ausgeborgt. „2001“ ist eine „Odyssee im Weltraum“ und der „Raumfrachter“ in „Alien“ wurde nach einem berühmten Seefahrerroman von Joseph Conrad „Nostromo“ benannt. Da macht es dann auch Sinn, wenn die Betreibergesellschaft der Bremer Häfen, die BLG Logistics, anlässlich der Maritimen Woche ein Science-Fiction Filmprogramm zeigt. In den letzten sechs Jahren gab es hier traditionell Filme mit viel Wasser zu sehen, aber inzwischen sind die Besten davon schon gezeigt wurden, und warum soll man noch mal „Windjammer“ oder „Master and Commander“ aufführen, wenn im Kino auch ganz andere Schiffe in gefährlichen Breiten kreuzen.

Unter dem leider etwas bemühten, pseudoenglischen Motto „Let’s move better“ werden von heute Abend bis Dienstag im Kino 46 bei freiem Eintritt nicht nur „Weltraumopern“ gezeigt, sondern die Definition von „Science Fiction“ ist zum Teil sehr weit gefasst. Der kanadische Film „La face cachée de la lune“ erzählt etwa von der Lebenskrise zweier zerstrittener Brüder, von denen einer eine äußerst merkwürdige Doktorarbeit über das Wettrennen im All zwischen der Sowjetunion und den USA geschrieben hat. Der Regisseur und Theatermacher Robert Lepage gibt dabei den bekannten Motiven wie Raumfahrt, außerirdische Intelligenz und Unendlichkeit des Raumes einen originellen, zugleich philosophischen und komischen Dreh, und man muss den Veranstaltern dankbar dafür sein, dass dieses virtuose Kleinod des kanadischen Arthousekinos nun zumindest einmal auch in Bremen gezeigt wird.

Aber die wirklich tiefen philosophischen Fragen stellt sich nicht der kanadische Stadtneurotiker, sondern eine denkende Atombombe in John Carpenters Weltraumkomödie „Dark Star“. Mit diesem Studentenfilm, der als boshafte Parodie auf „Star Wars“ schnell Kultstatus erlang, begann 1973 die Hollywoodkarriere von John Carpenter. Er war der Erste, der einen Sciencefictionfilm in seiner Garage zusammenbastelte. In dieser Tradition hat auch eine Handvoll von Kinobegeisterten aus dem niedersächsischen Sulingen ihre Version von „Star Trek“ mit dem Titel „Gerangel in Ruum und Tied“ gemacht, bei der zum Teil erstaunliche auf dem PC entworfene Spezialeffekte auf ein so schweres Plattdeutsch treffen, dass Untertitel schon im nächsten Dorf gewünscht werden.

Natürlich darf in solch einem Programm auf keinen Fall die „Raumpatrouille Orion“ nicht fehlen. Am Samstagabend wird nicht etwa die zusammengeschusterte Kinoversion gezeigt, sondern die gesamten 417 Minuten der sieben Folgen. Dass die bundesdeutschen Filmausstatter ihr so hochgelobtes futuristisches Design von „Orion“ ausgerechnet aus einem Film aus der DDR geklaut haben, kann man dann am Dienstag abend sehen. In dem sechs Jahre früher gedrehten Defa-Film „Der schweigende Stern“ von Kurt Maetzig landen die Kosmonauten in einem Vehikel auf der Venus, das den berühmten „Lancets“ der Orion verteufelt ähnlich sieht. Der auf einer Geschichte von Stanislav Lem basierende „Zukunftsfilm“ konnte es tricktechnisch durchaus mit den Hollywoodproduktionen jener Zeit aufnehmen.

Eine ziemlich bedrohliche Zukunft malt schließlich der britische Filmemacher Michael Winterbottom in „Code 46“. In ihm leben die Menschen in Megastädten wie Seattle oder Shanghai. Reisen und sich fortpflanzen dürfen nur die Mächtigen und Gesunden, deren Erbinformationen auf besonderen Ausweisen, den Papellen gespeichert sind.

Von „1984“ über „Fahrenheit 451“ und „Alphaville“ bis zu „THX 1138“ , „Bladerunner“ und dem gerade in den Kinos laufenden „Die Insel“ werden solche negativen Zukunftsvisionen immer mit einer Liebesgeschichte als Katalysator erzählt, und auch Winterbottom hält sich strikt an diese Genrekonvention. Wilfried Hippen