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Archiv-Artikel

kommentar Der Papiertiger

Zuerst kündigte Edmund Stoiber (CSU) vollmundig ein Duell mit Oskar Lafontaine (WASG) an. Jetzt will er doch nur schriftlich kämpfen: Stoiber ist feige

Nach Edmund Stoibers Verbalinjurie gegen ostdeutsche Wähler („Die dümmsten Kälber“) konnte man dem CSU-Chef noch gelungene Wahltaktik unterstellen, das heimische Stimmvieh im Blick. Grob zugelangt wurde in Bayern immer schon gerne. Stoibers Ankündigung, mit Oskar Lafontaine in den Ring zu steigen, wurde von Freund und Feind schon mit größerer Verwunderung aufgenommen: Ist die Linkspartei tatsächlich der direkte politische Gegner der CSU? Um was wollten sich die beiden eigentlich duellieren? Immerhin, das Ereignis versprach einen hohen Unterhaltungswert. Dass Stoiber jetzt zurückrudert, sich nicht live mit Oskar Lafontaine messen will, sondern nur aus der Ferne die Auseinandersetzung in einer Art Briefschachpartie sucht, lässt nur eine einzige plausible Erklärung zu: Edmund Stoiber, bayerischer Weltpolitiker mit besten Verbindungen und großen Visionen, hat nicht eine Sekunde nachgedacht, als er Lafontaine herausforderte. Der Mann, der sich so gerne als Staatsmann sähe, der seinen Blick stets in die Ferne und nach Höherem schweifen lässt, beweist, dass er in einer einfachen Wahlkampfsituation keinerlei Weitblick hat. Dazu noch wirkt er feige. Die harsche Kritik an den ostdeutschen Wählern hat ihm vielleicht im Bund geschadet und in seinem Verhältnis zu Angela Merkel. Edmund Stoiber mag das völlig egal sein. Seine nun offenkundig gewordene Feigheit allerdings beschädigt ihn an den bayerischen Stammtischen. Für Stoiber ist das schlimmer. STEFAN KUZMANY