kölner parteien im kommunalwahlkampf – heute: gemeinsam gegen sozialraub : Zielvorgabe: Den Protest von der Straße in den Stadtrat tragen
„Unsere Bewerbung sehen wir als Mittel, um Selbstorganisation und Widerstand gegen Sozialabbau voran zu bringen“, sagt Claus Ludwig. Der 37-jährige gelernte Informatiker ist Spitzenkandidat der Kölner Wählervereinigung „gemeinsam gegen sozialraub“. Das „gemeinsam“ signalisiert, dass man sich als Teil einer „Bewegung“ versteht. Etwa jener, die derzeit montags auf den Straßen protestiert: gegen Hartz IV und Sozialabbau, gegen die Umverteilung von unten nach oben, gegen den Rückzug des Staates aus der öffentlichen Daseinsvorsorge. „Wir wollen den Protest der Menschen in den Rat hineintragen“, sagt Ludwig. Aber umgekehrt gilt auch: „Ohne die Bewegung in den Betrieben und den Stadtteilen kann man auch im Rat nicht viel ändern.“
Was das Bündnis ändern würde, wenn man es ließe: „Wir wollen einen Haushalt nach den Bedürfnissen der Bevölkerung.“ Genügend Schulen, Jugendzentren, kulturelle und sportliche Einrichtungen und so weiter. „Dann werden wir klären, woher das Geld kommen kann.“ Aus einer Erhöhung der Gewerbesteuer etwa. Man könne aber auch beschließen, den Gewerbesteueranteil an den Bund einfach nicht abzugeben, sagt Ludwig. Und dann zahle die Stadt ja auch noch jährlich 150 Millionen Euro Zinsen. „Wenn nötig, verhängen wir ein Zinsmoratorium, um die nötigen Dienste für die Bürger bereitzustellen.“ Mit dem eingesparten Geld könne man „reelle“ Investitionen machen: öffentliche Arbeit schaffen in Bildung und Altenpflege, Wohnungen bauen.
Nun wird es soweit wohl nicht kommen. „Gemeinsam“ ist froh, wenn man mit drei Mandaten in den Rat ziehen kann. Koalitionspartner sind nicht in Sicht. Alles „Sozialräuber“, so Ludwig. Also Opposition. Heißt: „Argumente liefern gegen Sozialabbau, die Menschen frühzeitig informieren, überhaupt jede Gelegenheit zur Aufklärung nutzen und auch mal Trouble machen vor und im Rathaus.“ Dann aber auch konkrete Sacharbeit betreiben und eigene Vorstellungen in die politische Diskussion einbringen. „Wir können ja nicht immer nur Revolution machen.“ Auf diesem Feld hat die PDS in Köln übrigens gar keine schlechte Arbeit geleistet, findet Ludwig. „Die meisten ihrer Anträge kann man durchaus unterstützen.“
Überhaupt die PDS: „Unsere schärfste Konkurrenz“, sagt Ludwig. Auch wenn sie nach seinem Geschmack ein wenig zu sehr im bürgerlichen Politikbetrieb angekommen ist. Eigentlich wäre man für die Wahl ja auch gerne zusammen gegangen. Aber, erzählt Ludwig, die PDS habe darauf bestanden, dass das Kind den Namen „PDS/Offene Liste“ haben müsste. „Das wollten wir nicht wegen ihrer unsozialen Politik in Berlin.“
Und so habe man im Februar eben „gemeinsam gegen sozialraub“ gegründet. „Man“ – das waren Mitglieder von SAV (Sozialistische Alternative), ISL (Internationale Sozialistische Linke) und DKP (Deutsche Kommunistische Partei). Seitdem ist „gemeinsam“ zu einem „Personenbündnis“ gereift, dessen 120 eingetragene Mitglieder mehrheitlich nicht parteigebunden sind, betont Ludwig.
Aber es müssen noch mehr werden, die „Bewegung“ muss in Schwung kommen. Darum gibt sich das Bündnis auch inhaltlich offen: Besonders Flüchtlings- und Umweltgruppen sollen sich angesprochen fühlen. „Sie können ihre Themen über uns in den Rat tragen.“ Hauptsache, es entstehe Druck. Von den Menschen auf der Straße. Auf die Mächtigen. Dann kommt sie eines Tages vielleicht doch. Die Revolution. Susanne Gannott