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Archiv-Artikel

kein kommentar! Hätten Sie’s gewusst?

Ein mutmaßlich 73-jähriger Mann hat vergangene Woche im Interview mit einer mutmaßlich rechtskonservativen Zeitung freundliche Worte für einen mutmaßlichen Holocaust-Leugner gefunden.

Im Klartext: Der Dramatiker Rolf Hochhuth hat den Autor David Irving in der Jungen Freiheit als „Historiker von der Größe eines Joachim Fest“ gepriesen, Kritik an Irving als „idiotisch“ bezeichnet und das Einreiseverbot in die Bundesrepublik und andere Staaten, das sich Irving vor Jahren eingehandelt hat, als „grotesk“. Und wir wollen Herrn Hochhuth da nicht reinreden: Dass in einer Zeitung wie der Jungen Freiheit Sätze wie die Hochhuths stehen, mag ausgesprochen bedauerlich sein, aber auch wenig verwunderlich.

Zudem befindet sich Hochhuth in illustrer Gesellschaft: Egon Bahr von der SPD zum Beispiel hat der Jungen Freiheit schließlich auch schon mal ein Interview gegeben, Joachim Kaiser von der Süddeutschen Zeitung ebenso wie Charlotte Knoblauch vom Zentralrat der Juden und kürzlich erst der Peter Glotz. Manch einer fühlte sich sogar ausdrücklich „fair und korrekt“ behandelt, als er sich mit dem Blatt einließ. Andersrum soll es es in der Vergangenheit aber auch Leute gegeben haben, die der Jungen Freiheit vorwarfen, sich ihre Interviews durch miese Tricks zu erschleichen.

Natürlich waren die Genannten und ihresgleichen nach Veröffentlichung ihrer JF-Interviews dafür allesamt heftig kritisiert worden – und natürlich erging es nun auch Hochhuth nicht besser: Nachdem der Berliner Tagesspiegel auf seine bedenklichen Äußerungen in der Jungen Freiheit aufmerksam gemacht hatte, sahen sich Leute wie Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, veranlasst, die Angelegenheit „bestürzend und ernüchternd“ zu finden, und Zeitungen zu Überschriften wie „Rolf Hochhuth verteidigt Holocaust-Leugner“ (Berliner Morgenpost), während sich wiederum die Zeit in ihrer aktuellen Ausgabe auf die „Suche nach dem Skandal“ gemacht und ihn weniger bei Hochhuth als beim Tagesspiegel ausfindig macht: „Als am Montagmorgen noch nichts passiert war, schrieb er, es sei ein Skandal, dass der Skandal nicht bemerkt worden sei“, heißt es in der Zeit, was alsbald bestimmt wer anders woanders skandalös finden mag …

Aber wie gesagt: Was Hochhuth wem erzählt, ist seine Sache. Laut Tagesspiegel sagte Hochhuth aber zu seiner Rechtfertigung, „er habe nicht gewusst, was für eine Zeitung die Junge Freiheit sei“. Und damit das nicht gleich morgen wieder jemand anderem passiert, wollen wir – quasi zum Mitschreiben – kurz zusammenfassen:

Die Junge Freiheit, die ist pfui, igitt, bah und bäh! Wir hätten’s gewusst.CHRISTOPH SCHULTHEIS