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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Kickende Autoren als Werbemittel

Diese Information durfte nicht verschwiegen werden. „Hertha BSC unterstützt die Partie mit Balljungen und Einlaufkindern und ist an der Organisation der Veranstaltung beteiligt“, hieß es vorige Woche in einer Pressemitteilung des Fußballclubs. Die Eigenwerbung bezieht sich auf ein außergewöhnliches Fußballspiel: Die deutsche Autorennationalmannschaft wird am Dienstag auf Einladung des Auswärtigen Amtes und der Kulturstiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ein Freundschaftsspiel gegen ihre Schriftstellerkollegen aus Israel bestreiten. Das Zustandekommen dieser Begegnung hat man – wie jetzt bekannt wurde – nicht nur der deutschen Regierung und dem DFB, sondern auch Hertha zu verdanken.

Wer hätte sich vor gut drei Jahren einen solchen Wirbel um kickende Schriftsteller vorstellen können? Damals gründete der Autor Thomas Brussig das deutsche Team, weil die italienischen Kollegen gerade noch nach einem Turniergegner suchten. Im Zuge der Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2006 stellte der DFB jedoch fest, wie gut man mit Hilfe der Autoren den Fußball im öffentlichen Bewusstsein als Kulturgut etablieren kann. Und die Literaten bemerkten, dass es auch einträglich sein kann, über ihr Hobby zu schreiben. Kürzlich erschien der Sammelband „Titelkampf: Fußballgeschichten der deutschen Autorennationalmannschaft“. Der Hype um die einst spontan aufgestellte Turniertruppe ist groß. Selbst das Auswärtige Amt sieht mittlerweile den Kick der Literaten als ein gutes Instrument, um den Dialog der Kulturen zu fördern.

In Anbetracht dessen ist es nur zu verständlich, dass die Herthaner nicht kleinlaut die Drecksarbeit bei der Organisation des morgigen Autorenspiels verrichten möchten. Zumal man darauf verweisen kann, als vermutlich einziger Bundesligaclub seine Spieler zum Schreiben angehalten zu haben. Vor einem Jahr mussten die Profis unter Trainer Falko Götz in der Winterpause einen Aufsatz verfassen. Thema: Was bedeutet mir Hertha? Die noch unveröffentlichten Werke würden gewiss auch einen schönen Sammelband ergeben. JOHANNES KOPP