heute : Voll das Leben! Im Carrousel-Theater, und das zweisprachig
Sven kann es nicht fassen, wie Papa links und Mama rechts auf dem Sofa neben ihm versuchen, seinen Bruder Christian zu verteidigen. „Der ist kein Nazi, der hat bloß Kummer.“ Na klasse. Eben noch hat Christian alle Polen pauschal beschimpft, bloß weil sie dort an Autos schrauben dürfen, wo er keinen Job bekommt. Schon bitten die Eltern Sven, der seine neue Freundin Johanna zu seinem Geburtstag eingeladen hat, sie doch um des Familienfriedens willens wieder auszuladen – denn Johanna kommt aus Polen. „Du bist ein Feigling und deine Eltern sind Rassisten“, reagiert Johanna sauer und zu recht. Das Carrousel-Theater spielt diese Geschichte in deutscher und polnischer Sprache, aus Svens und Johannas Perspektive. Das deutsch- und das polnischsprachige Publikum begegnen sich immer dann, wenn zwischen den beiden die Funken stieben. Doch leider hat die Logistik des doppelten Erzählstrangs wohl zu viel Kraft gekostet. Für Ideen, die den Personen mehr Charakter und Eigenwillen denn soziale und altersbedingte Klischees an die Rippen haften, blieb nicht viel übrig. Viel Problembewusstsein und kleinteiliger Realismus machen aus dem Stück „Scheuklappen – Grenzfluss Oder“ so leider mehr Lehrstoff denn Theaterspaß. KBM