heute in bremen : „Das Rollenbild war auch ein Schutz“
Historikerin Karen Parschat stellt ihre Forschungen zu Frauen im Widerstand gegen Hitler vor
taz: Der Historiker Ian Kershaw hat behauptet, der Dissens von Frauen im Nationalsozialismus habe „mit Widerstand nichts zu tun“. Ist das unwahr?
Karen Parschat, (Historikerin, Bielefeld): Nach meinen Forschungen liegt er da eindeutig falsch. Es kommt aber auf den Widerstandsbegriff an.
Welche gibt es denn?
Kershaws Begriff war noch sehr eng – dass Widerstand zwingend ein Attentat oder einen Attentatsversuch beinhaltet. Das gab es bei Frauen nicht, dass die ein Attentat geplant hätten. Im Sinne eines weiteren Widerstandsbegriffs sind Frauen aber durchaus aktiv gewesen.
Wie denn?
Durch die Verteilung von Flugblättern oder durchs Verfassen von Widerstands-Aufrufen.
Da fallen sofort populäre Namen – Sophie Scholl, Cato van Beek. Wie konnte sich dagegen Kershaws These halten?
Ich glaube, dass man immer noch die bürgerliche Geschlechtervorstellung im Kopfe hat – von der unpolitischen Frau, deren Tätigkeitsfeld sich nur auf den privaten Bereich von Haushalt und Familie erstreckt.
War das nicht historisch weitgehend eine Realität?
Ja und Nein. Ich versuche das an Gerichtsurteilen zu belegen. Da taucht das eben auch auf, dass Frauen, selbst wenn ihnen Widerstands-Tätigkeiten nachgewiesen werden konnten, von den Richtern als unpolitisch wahrgenommen wurden. Das Rollenbild war für sie da auch ein Schutz: Sie bekamen niedrigere Strafen oder wurden sogar freigesprochen. fragen: bes
Vortrag heute, 19 Uhr, Büchergilde buch+grafik, Breitenweg 3