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Archiv-Artikel

herr tietz macht einen weiten einwurf FRITZ TIETZ über einen blonden Pottschnittträger

Reizbarer Brasilianer in Weiß

Der Bielefelder Bundesliga-Profi Ansgar Brinkmann (33) weist mit den ca. 13 Clubs, für die er bisher spielte, eine bemerkenswert hohe Vereinsfrequenz auf. Er gilt auch sonst als eher umtriebiger Geselle von bevorzugt flatterhafter Lebensart. Was nicht unbedingt immer mit den Vorstellungen korrespondiert, die man sich heutzutage von einem Fußball-Profi macht. Dessen Ideal bestimmen andere Typen. Mit dem windschnittigen Fittitum eines Michael Ballack oder Fredi Bobic hat Ansgar Brinkmann jedoch ebenso wenig gemein wie mit der eher schwiegersohnigen Attitüde, wie sie etwa die Langweiler Metzelder, Linke und noch ein paar andere aus den Dortmunder und Münchner Dressmen-Truppen verkörpern. Selbst Effenbergs Rebellerei wirkt gegen die proletische Bodenständigkeit, die Brinkmann so authentisch abstrahlt, wie von einer Werbeagentur ausgedacht.

Der „weiße Brasilianer“, so der blonde Pottschnittträger wegen seines unbestritten großen fußballerischen Talents genannt wird, genießt in erster Linie das Renomée eines Hallodris und Bruder Leichtfuß, der, wie man so sagt, ungern ein Bier schal werden lässt. Brinkmann trug allerdings selbst einiges dazu bei, dieses Image zu festigen. Seinen Anrufbeantworter ließ er eine Zeit lang mitteilen, dass er bis fünf Uhr morgens in seiner Stammkneipe zu erreichen sei. Auch las man wiederholt von ausschweifenden Zügen durch die Gemeinden seiner diversen Vereinsstädte. Man hörte von Mülltonnen, die dabei in Fensterscheiben krachten, ausdrucksstarken Veitstänzen, die Brinkmann auf Kneipentischen vollführte, und einer polizeilichen Alkoholkontrolle, der er sich zur Verblüffung der Kontrolleure durch einen antrittsstarken Spurt erfolgreich entzog.

Im November 2001, Brinkmann spielte bereits bei seinem heutigen Verein Arminia Bielefeld, hatte er nach einem Auswärtsmatch die Nacht mit Mannschaftskollegen in einigen Bielefelder Kneipen durchgemacht. Gegen 6 Uhr morgens schlugen die bezechten Arminen heftig schlingernd im Zentrum der Stadt auf und Brinkmann vor einer McDonald’s-Filiale sein Wasser so öffentlich ab, dass sich zwei Studentinnen arg darüber echauffierten: Benehmen, so riefen sie ihm zu, sei wohl Glückssache. Brinkmann soll sie daraufhin als „Tussis“ beschimpft haben. Einem der beiden Kavaliere, die den Frauen hilfreich beisprangen, versuchte er dann, und zwar so, den Schneid abzukaufen: „Ich habe gerade 800 Mark für Schampus versoffen, aber noch 2,3 Millionen auf dem Konto. Was willst du?“ Worauf der Angesprochene entgegnete, wenn Brinkmann wirklich so viel Kohle habe, sollte er vielleicht mal zehn Mark in einen vernünftigen Haarschnitt investieren. „Wo ich herkomme, wärst du jetzt schon tot“, mutmaßte darauf der gebürtige Niedersachse (Vechta) und gab nach der rhetorisch angesetzten Frage: „Willst du sterben?“ seinem Kontrahenten kurzerhand eins auf die Nase, riss sich nach diesem Treffer, wie es im Bundesliga-Spielbetrieb nach Toren mitunter getan wird, das Trikot bzw. T-Shirt vom Leib und soll regelrecht Amok gelaufen sein, so ein Zeuge. Selbiger Nasentreffer aber kam zur Anzeige und dieser Tage vor das Bielefelder Amtsgericht.

Gleich mitverhandelt wurden ein paar weitere Ausschreitungen des Arminenstars, bei denen Brinkmann u. a. einen Angestellten einer Diskothek gewürgt und einen Wachmann zu Boden gestoßen hatte, als der ihn bei einer nächtlichen Schlitterei auf einer bereits geschlossenen Eisbahn erwischte. Letzten Freitag wurde Ansgar Brinkmann wegen mehrfacher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 42.000 Euro verurteilt.

Leute schlagen, Frauen beleidigen, in aller Öffentlichkeit urinieren. Nein, das alles klingt nicht wirklich schön. Aber dass im durchgestylten deutschen Profifußball noch Typen wie Ansgar Brinkmann möglich sind, ist doch einigermaßen beruhigend.

Fotohinweis: Fritz Tietz ist 43 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.