herr tietz macht einen weiten einwurf : Plädoyer für Peter Neururer
Auch Fritz Tietz kümmert sich um die Trainerfindung – und hat tasächlich schon einen geeigneten Kandidaten parat
Fritz Tietz ist 45 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport
Nicht doch, Herr Zwanziger! Keine unnötige Eile! „Ich denke“, so dachte nämlich neulich der frisch zur Spitzenkraft auserkorene DFB-Präsidiale Theo Zwanziger, „es wird in naher Zukunft eine Entscheidung geben, damit die Menschen in Deutschland, die sich für Fußball interessieren, wieder ein bisschen zufriedener sind.“ Zwar ist „nahe Zukunft“ eine relative und damit recht vage Größe, die sowohl ein paar Stunden als auch einige Monate meinen kann. Trotzdem steht zu befürchten, dass Zwanziger für die von ihm avisierte Entscheidung der Rudi-Völler-Nachfolge eher einen kurzen Zeitraum im Sinn hat und die Nationaltrainerfrage möglichst schnell, also innert der nächsten Tage, geklärt sehen will. Die Frage ist nur, ob das wirklich zur Zufriedenheit aller fußballinteressierten Deutschen geschieht, wie Zwanziger vermutet.
Mein Eindruck ist, dass da – sieht man mal von einigen notorischen Ernstlern und ewig gestrigen Fußballnationalisten ab – eine so große Unzufriedenheit derzeit gar nicht herrscht. Ganz im Gegenteil. Mit dem größten Vergnügen verfolgt die deutsche Fußballgemeinde momentan die verzweifelt-komischen Bemühungen jener ominösen (und schon an sich sehr witzigen) Trainerfindungskommission (TFK). Alles bricht in schallendes Gelächter aus, wenn mal wieder ein Candidatus unter fadenscheinigsten Vorwänden auf die angeblich so hohe Ehre verzichtet, unter der Fuchtel (und Fahne) einer Schnapsdrossel Teamchef der deutschen Nationalmannschaft zu werden. Unbändig geradezu ist die Heiterkeit, wenn mit Lothar Matthäus unverdrossen immer nur ausgerechnet der ins Chefamt drängt, den partout keiner dort will. Ungezählt bleiben die Lachtränen, wenn es plötzlich heißt, dass möglicherweise wieder Rudi Völler den Posten übergangsweise bekleidet, bis Ottmar Hitzfeld sein Nervenkostüm so weit gelüftet und er zu ausreichend mentaler Stärke gefunden hat. Nein, von Unzufriedenheit kann kaum die Rede sein. Es ist mehr ein außerordentlicher Spaß, den die Trainersuche des DFB ausgelöst hat und seither begleitet.
Insbesondere die Satiriker, Glossisten und Crash-Analytiker haben allen Grund, mit der lustigen Trainerkür zufrieden zu sein. Sie versorgt sie schließlich mit genügend Stoff zur mal mehr, mal weniger geistreichen Betrachtung der Angelegenheit. Sehr beliebt ist es momentan, die TFK mit Vorschlägen bei der Trainersuche zu unterstützen. So präsentiert etwa die Süddeutsche Zeitung seit einigen Tagen etliche potenzielle Kandidaten. Darunter auch Christoph Schlingensief, dem die SZ völlig zu Recht attestiert, dass „der nichts nicht macht und alles mit großer Leidenschaft“. So bekomme die anstehende Operation WM nicht nur einen griffigen Namen („Chance 2006“), mit dem Teamchef Schlingensief wäre auch eine demokratische Kaderschmiede garantiert: „Vor dem Turnier werden so dreißig, vierzig Fußballer in einen Container gesteckt und rund um die Uhr gefilmt. Jeden Tag werden dann per Umfrage zwei rausgewählt, bis die Elf steht,“ so die Vision des SZ-Autors Wolfgang Roth.
Erstaunlich leichtfüßig für ihre Verhältnisse geht sogar die Bild-Zeitung mit dem Trainerproblem um. Sie bietet einen Vordruck an, mit dem sich ihre Leser um den Teamchefjob bewerben können. Eine Chance, die auch Bild-Leser und Ex-Bundesligatrainer Dragoslav Stepanovic („Lebbe geht weider“) nutzte. Für ihn spräche neben der Bereitschaft und internationalen Erfahrung vor allem dieses Kriterium: „Ich habe die Erlaubnis meiner Frau“, so Stepi in Bild. Ein sehr bedenkenswerter Vorschlag kommt indes von Welt-Kolumnist Hans Zippert. Er bringt einen interessanten Mann ins Spiel, „der für brutales Angriffsspiel steht, aber auch die Verteidigung beherrscht und der lange Jahre in Holland Erfahrungen sammeln konnte: Slobodan Milošević.“
Mein Vorschlag soll dagegen ein seriöser sein, auch wenn ich eigentlich der Ansicht Friedrich Küppersbuschs bin, dass man niemandem den Job empfehlen kann, solange die DFB-Vorgabe heißt, 2006 Weltmeister zu werden. Es sei denn, so mein Einwand, es gäbe da jemanden, der irre genug ist. Womit ich, ganz klar, für Peter Neururer plädiere.