hausarztmodell : Vernunft wird belohnt
Das Hausarztmodell, das die Krankenkassen jetzt einführen wollen, scheint die Praxisgebühr überflüssig zu machen – und ist doch ihre höchst sinnvolle Ergänzung. Die Gebühr sollte die Zahl der Arztbesuche verringern. Das war überfällig – denn für 560 Millionen Behandlungen pro Jahr, mit denen die Deutschen weltweit Spitzenreiter sind, gab es keine medizinischen, sondern bestenfalls kulturelle Ursachen. Tatsächlich gehen die Deutschen sehr viel seltener zum Arzt, seit sie dafür bezahlen müssen.
KOMMENTAR VON ANDREAS SPANNBAUER
Nun wird die Praxisgebühr um das Hausarztmodell erweitert: Wer im Krankheitsfall stets zuerst seinen Hausarzt konsultiert, kann sich die 10 Euro sparen. Einen Widerspruch zwischen diesen beiden Steuerungselementen gibt es freilich nicht. Bisher war die Praxisgebühr wie der Tod: Sie traf die Klugen wie die Dummen. Der vernünftige Kranke, der sich an nur einen Arzt wandte, wurde mit der Pauschale ebenso bestraft wie der Wartezimmerliebhaber, der stets drei verschiedene Ärzte aufsuchte, ehe er sich gut behandelt fühlte.
Mit dem Hausarztmodell wird nun verantwortungsvolles Verhalten im Gesundheitssystem stärker belohnt. Teure Mehrfachuntersuchungen werden vermieden. Auch medizinisch überwiegen die Vorteile: Der Hausarzt kennt die Krankengeschichte und kann so gezielter eingreifen. Die Gefahr, dass verschiedene Ärzte sich widersprechende und damit schädliche Medikamente verordnen, wird geringer. Dafür nimmt die Sicherheit der Patienten zu, weil sich die teilnehmenden Ärzte einer Qualitätskontrolle unterziehen müssen. Die Kosten für die Suche nach guten Ärzten, denen man sich anvertrauen kann, sinken.
Das Hausarztmodell war allein aus diesen Gründen überfällig. Es sorgt aber auch für mehr soziale Gerechtigkeit. Denn die 10-Euro-Pauschale belastet die Bezieher von geringen Einkommen unverhältnismäßig stark – für den Sozialhilfeempfänger zählt ein Euro schließlich mehr als für den Unternehmensberater. Mit sozialen Härtefallregelungen war man im Gesundheitsministerium sparsam umgegangen. Tatsächlich lassen sich seit Einführung der Praxisgebühr vor allem sozial Schwache seltener behandeln. Das Hausarztmodell mildert diese Ungerechtigkeit ab. Es belohnt die Vernunft und bestraft die Unvernunft – unabhängig vom Geldbeutel. Eine zweite Diagnose kann dann immer noch jeder einholen – wenn er dafür zahlt.
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