hamburger szene : Siehste!
Mein Sohn zeigt auf das schrille Plastikorgel-Ungetüm auf der Kirchenempore und fragt mich: „Haben das Kinder gebaut?“ –„Nein“, antworte ich, „das haben Künstler gebaut.“ Kurz darauf läuft ein Mann an uns vorbei. Er trägt eine Hose, so ungewöhnlich und bunt wie die Orgel, ein Hemd mit überdimensioniertem Kragen und dazu eine Kopfbedeckung, die sich jeder Beschreibung entzieht.
„Hat sich der da als Clown verkleidet?“, fragt mich mein Sohn erstaunt. „Nein, der hat sich überhaupt nicht verkleidet“, kläre ich ihn auf, „dieser Mann ist ein Künstler.“ Mein Sohn schaut mich halb zweifelnd, halb belustigt an. Schließlich fragt er: „Was sind denn das, Künstler?“
Ich stutze und überlege. Ich fühle mich in die Ecke gedrängt und muss es dann zugeben: „Künstler? Das sind Kinder.“ Die Miene meines Sohnes klärt sich auf. Senioren hätten jetzt gesagt „Siehste“, aber ihm genügt es, das Wort mit sichtlicher Zufriedenheit zu wiederholen: „Kinder, Kinder … und wer passt dann auf sie auf?“
Man weiß ja, dass diese Bengel nie mit der Fragerei aufhören. Es sei denn, man gibt ihnen eine völlig unverständliche Antwort, dann lassen sie die Sache manchmal auf sich beruhen. Manchmal. „Wer auf die Künstler aufpasst? Die Kunstkritik natürlich“, sage ich darum – mit geradewegs jener Vermessenheit, die ich mir von ihnen abgeschaut habe: von den Künstlern und den Kindern.MAXIMILIAN PROBST