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Archiv-Artikel

hamburger szene Faszination Technik

Woher sie nur alle so plötzlich die Fotoapparate hatten? Wann immer die Dampflokomotive, die am Wochenende über die Elbinsel Wilhelmsburg schnaufte, in die Nähe einer Straße kam, hielten die Autofahrer an und zückten ihre Kameras. Vermutlich rechnen sie alle damit, Unfälle dokumentieren zu müssen. Doch wer würde stoppen, um einen alten Lastwagen oder einen Dampfer zu fotografieren?

Sicher: Es gibt Schiffs- und Oldtimerfans – von der Dampflokomotive aber scheint eine besondere Faszination auszugehen. Vor Beginn der Ausflugsfahrt in das Gebiet der Internationalen Bauausstellung beobachteten Jung und Alte eine geschlagene Dreiviertelstunde lang, wie die Lok zum Leben erwachte und ein paar Wagen rangierte. Da tröpfelte zuerst Wasser aus ein paar Röhrchen. Dann zischte und dampfte es ein bisschen. Ein paar kleine Gelenkstangen stampften klackend.

Dann lehrte das Stahlross den kleinen Jungen, die ihm immer mal wieder auf die Pelle rückten, Mores: In großen Wolken blies es Dampf ab, die Zuschauer in Nebel hüllend. Fast geräuschlos, ohne Stampfen und Puffen, rollte es an, ein schwarzes, schmieriges Wunderwerk mit elegant verschränkter Antriebsmechanik. Technik zum Ansehen, eine die etwas vom gedanklichen Aufwand zeigt, der in ihr steckt und auch von der gewaltigen Kraft, die sie erzeugt und bändigt. Hier wird dem Menschen klar, dass er einem prometheischen Geschlecht angehört.GERNOT KNÖDLER