gottschalk sagt : Was soll nur aus euch werden?
Die Jugend der Welt hat sich letzte Woche erkältet und ist abgereist, an diesem Wochenende heißt Köln die Jugend Nordrhein-Westfalens und natürlich auch die Jugend Hessens und (Achtung komischer Genitiv!) Rheinlandpfalz‘ willkommen. Es ist Ringfest und es gibt Live-Musik für umsonst.
Ich weiß nicht, ob so viele kommen wie im letzten Jahr, denn das „Staraufgebot“ ist nicht so enorm, aber ich denke, vielen ist das egal. Sie sitzen gerne auf dem Bürgersteig vor Kiosken, trinken Bier, freuen sich, nicht zu Hause zu sein und nehmen sich vor, nach Köln zu ziehen, wenn sie groß sind. Richtig so.
Wenn sich auch vereinzelte Christen in Köln daneben benommen haben: Meinem Freund W., der Flyer zum Thema Kondome verteilt hat, zu wünschen, er möge an Aids sterben, ist nun wirklich kein feiner Zug! Aber alles in allem waren diese Jugendlichen außerordentlich friedlich. Keine Schlägereien!
Es war der große Auftritt der normalen Bürgerkinder: Höflich, engagiert, sauber angezogen, provinziell. Sie gehen nur ins Sonnenstudio, wenn der Arzt es empfiehlt und sind nicht tätowiert. Ich glaube, größtenteils haben sie nicht einmal Essstörungen.
Einziger Nachteil: Sie sind überhaupt nicht rebellisch. Im Gegenteil: Meisner zujubeln und Benedikt aka Ratzinger. Geht doch nicht.
Die Jugendlichen, die dieses Wochenende Köln bevölkern, pflegen zumindest zum Teil eine rebellische Attitüde. Neben den „Hardrockcafé Barcelona“-Langweilern und den Kreischmädchen gibt es auch welche mit auffälligen Frisuren, Piercings im Gesicht, Hanfblättern auf der Mütze und so weiter.
Mittlerweile bin ich ja im „wenn-das-meiner-wäre“-Alter und finde mehrere Kilo Metall im Gesicht zwar unangemessen, Eimer-Rauchen aber schlimmer. Was soll nur aus Euch werden? Andererseits: Wer total breit in seinem müffelnden Jugendzimmer liegt, jubelt nicht dem Papst zu. Kindererziehung ist gar nicht so leicht.
Ich selber moderiere heute Abend eine Karaoke-Veranstaltung. Gut, dass man als Jugendlicher nicht weiß, was mal aus einem wird: „Du wirst vor einer tobenden Menge ‚Griechischer Wein‘ singen.“ Ich hätte mit 17 ganz sicher kein Verständnis für mich gehabt.
Fotohinweis: Christian Gottschalk lebt in Köln – und sagt die Wahrheit. Alle zwei Wochen in der taz nrw