fußpflege unter der grasnarbe : Deutschland freut sich auf Ailton/Asamoah
Hat es in Brasilien im Juni geregnet? Gibt es im mondänen Gelsenkirchener Nachtleben inne Kneipe umme Ecke einfach keinen Platz für semideutsche Sambaeinlagen? Wollte ihm Don Jupp die Abseitsfalle erklären oder was war der Grund für den Möchtegern-Germanen und passionierten Legastheniker Toni „Kugelblitz“ Ailton, dass er sich so gar nicht über die Tore von Vollgermane und WM-2006-Hoffnungsträger Gerry Asamoah – der zwar auch keine Technik, aber dafür noch genügend Mumm in den Knochen hat – freuen konnte?
Vielleicht linste er nach der zweiten Bude kurz mal auf den Schalker Anzeigekasten und sah, dass Ivan „der Abgeklärte“ Klasnic gerade ganz lässig zur Bremer Führung eingeschoben hatte und dachte wehmütig an laue Augustnachmittage im grün-orangen Technodress zurück. Traf ihn nun die wehmütige Erkenntnis, dass er nicht der einzige Grund für den Bremer Erfolg im vergangenen Jahr war?
Seine ehemaligen Kollegen machten einfach so weiter wie damals, spielten zwar nicht besonders toll, aber nervten die Rostocker so lange, dass starke zehn Minuten ausreichten, um ein ansehnliches Ergebnis rauszukicken. Der gemeine Gelsenkirchener Gießer würde sagen: „Im richtigen Augenblick nochma ne Schippe draufgelegt und dann dat Ding austrudeln lassen.“
Aber die elf Akteure in Werders Reihen scheinen dabei nicht das Wichtigste zu sein, sondern das Konzept. Ein eingespieltes System, das funktioniert wenn es soll und bei dem die Einzelteile auswechselbar sind. Ob nun Klose für den nachdenklich gewordenen Ailton, Fahrenhorst für Kristajic, Borowski für Lisztes, die Sache kommt langsam ins Rollen und Abstimmungsprobleme wurden durch die konsequente Abschlussschwäche der Rostocker gelöst.
Dabei mimt Klasnic nun den verlorenen Sohn Werders und kompensiert fast im Alleingang den Weggang Ailtons. Er tritt auf, als ob er schon alles gewonnen hätte und die Bundesliga einfach nicht gut genug für ihn ist.
Links oder rechts vorbei, draufhalten oder den Torwart ausspielen. Sagt ihm, was ihr erwartet, und er erledigt das dann schon im Ailton-Stil. Bei Micoud sieht das Ganze ähnlich locker aus, nur Ismael braucht noch ein paar Partien, um zu alter Klasse zurückzufinden. Aber er sollte sich nicht so viele Gedanken wie Ailton machen, auch Maradona konnte beim Sprint auf das eigene Tor keinen hohen Ball mit dem Knie stoppen. Aber der ungelenke Versuch war es wert, von den Fans bestaunt zu werden.
Für den reibungslosen Übergang von der vergangenen in die neue Saison ist ein Abteilungsleiter verantwortlich, der mit einer leichten Norderney-Bräune und Zidane-Frisur verschmitzt in die Kamera lächelt und probiert, seinen eigenen Rekord im Understatement wieder einzustellen. Außerdem sorgte eine vernünftige Einkaufspolitik in den letzten Jahren für junge Spieler, die in die erste Elf drängen wie Valdez und Lagerblom. Dieses erfolgreiche Gemisch ergibt dann den aussichtsreichsten Konkurrenten von Bayern dieses Jahr, und vielleicht war es genau das, was dem halslosen, ehemaligen Werder-Held im tristen Ruhrpott durch den Kopf ging, als er vor dem Spiel von Kicker-Chef Rainer Holzschuh als erster noch nicht ganz Deutscher zum Spieler des Jahres geehrt wurde. Aber vielleicht hat der Klinsi ja noch ein Einsehen, oder der Jögi überredet ihn. Auf die deutsche Doppelspitze Ailton/Asamoah im Schalker Team würden sich viele Fans im Land freuen. Dann würde Ailton auch auf Schalke in Zukunft grinsend über das Arena-Grün kugeln.