freiheit fürs federvieh : Instrumentalisierte Seuche
Die Begleiterscheinungen der Vogelgrippe sind in Nordrhein-Westfalen bislang schlimmer als die Tierseuche selbst – denn sie ist noch gar nicht ausgebrochen. Hart trifft es vor allem die vor dem Ruin stehenden Geflügelbauern und die Millionen Enten, Hühner und Gänse in den Ställen. Die überängstlichen Verbraucher leiden bisher noch am wenigsten unter den Folgen. Sie müssen höchstens die Panikmache der sensationsgeilen Medien ertragen, die mit jeder aufgefundenen toten Möwe ihre Beitragslücken füllen.
KOMMENTAR VON GESA SCHÖLGENS
Schlimm genug, dass die Tiere seit September vergangenen Jahres fast ununterbrochen eingesperrt sind. Nun wollen mehrere CDU-geführte Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, auch noch das Kleinkäfig-Verbot für Legehennen kippen, das 2007 in Kraft treten sollte. Statt enger Käfige soll es den Ländern zufolge enge Kleinvolieren geben, die ganze fünf Zentimeter höher und 50 Zentimeter breiter sind. In den stapelbaren Volieren bleibt jedem Huhn etwas mehr Platz als ein DIN-A-4-Blatt. Das ist alles andere als eine artgerechte Haltung und ein Schritt zurück in die Massentierhaltung, die wiederum Tierseuchen wie H5N1 gefährlicher und schwerer einzudämmen macht.
NRW-Landwirtschaftsminister Eckard Uhlenberg hat wahrscheinlich nur auf eine Gelegenheit für einen konservativen Vorstoß gegen das Kleinkäfig-Verbot gewartet. Da kommen Vogelgrippe und Stallpflicht gerade recht. Auch die Geflügellobby wird auf diese Weise gnädig gestimmt. Die Lobbyisten rechtfertigen Tierquälerei mit der wachsenden Billig-Konkurrenz aus Osteuropa und dem Argument, in Tschechien und Ungarn würden die Hühner noch viel schlechter gehalten als hierzulande. Bei allem Verständnis für die wirtschaftlichen Einbußen der Halter und Züchter: Kleinere Käfige schützen weder vor der Ausbreitung der Vogelgrippe, noch vor dem internationalen Preisdruck.