fahrpreiserhöhung : Das Gezerre geht erst los
Bus- und Bahnfahren in einer Stadt wie Berlin teurer zu machen, ist vielen Menschen kaum zumutbar: Rekordverdächtig niedrige Löhne, Arbeitslosenquote bei 17 Prozent, gleichzeitig sollen die Leute nach Hartz IV total flexibel auf Jobsuche durch die Region gondeln. Mit weniger Geld in der Tasche, natürlich. BVG und S-Bahn und, noch wichtiger: der rot-rote Senat operieren am offenen Herzen.
KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE
Natürlich wird die jetzt vom Fahrgastverband lancierte Tarifabsprache zwischen BVG und S-Bahn nicht das letzte Wort sein. Jede Bestätigung fehlt, das Gezerre zwischen Politik und Verkehrsunternehmen geht in den nächsten Wochen erst richtig los.
Doch wenn die beiden dicksten Brummis auf eine Spur eingeschwenkt sind, werden sie davon schwer abzubringen sein. Einiges spricht also dafür, dass der Verband mit seinen Befürchtungen richtig liegt.
Eine davon wäre der Öffentlichkeit sicher nicht vermittelbar: Familien mit vielen Kindern über Schüler- und Geschwistertickets besonders bluten zu lassen. Öffentlicher Nahverkehr soll und muss sich gerade für die Menschen zuständig fühlen, die wenig besitzen. Die sich eben kein Auto leisten können. Was hier – im Vergleich mit anderen Großstädten – konkurrenzlos wenige tun. Der Nahverkehr nimmt, das sagt das Wort, eine öffentliche Funktion wahr. Und die beinhaltet Solidarität. Es sollte also nicht nötig sein, Einzelfälle aus den kinderreichsten, aber auch ärmsten Bezirken wie Neukölln ins Feld zu führen – gegen BVG, S-Bahn und eine rot-rote Landesregierung, die sich irgendwann mal auch Soziales auf die Fahne schrieb.
Die zuständige Senatorin Ingeborg Junge-Reyer hat das längst erkannt. Zumindest die eine Vorhersage sei beim Tarifpoker jetzt schon gewagt: Schüler- und Geschwisterticket bleiben – wie sie sind.