eklat im parlament : Ärger verständlich, Reaktion zu hart
Der Ärger der CDU-Fraktion ist mehr als nachvollziehbar. Nicht nur ungeschickt, sondern politisch dumm war es von der SPD, die Union in die Nähe von Verfassungsfeindlichkeit zu rücken –ausgerechnet, wenn Minuten zuvor von der wirklich verfassungsfeindlichen NPD die Rede war. Die Reaktion darauf aber ist überzogen. Der Auszug der Fraktion bewirkt nach außen nur eins: das Ansehen des Parlaments als Volksvertretung zu untergraben.
KOMMENTAR VON STEFAN ALBERTI
Die Verantwortung dafür liegt aber nicht nur bei der CDU. Ein wirklich über den Parteien stehender Parlamentspräsident hätte versuchen müssen, die Situation zu entschärfen und eine solche Eskalation zu verhindern. Stattdessen hat Walter Momper die Stimmung noch angeheizt. Er hätte doch gar nicht anders gekonnt, heißt es bei der SPD – als ob es nicht auch Ermessensspielraum gäbe.
Momper bestätigte damit die fortdauernde Kritik an ihm aus der Opposition. Aber auch seine Genossen waren sauer, als er 2006 peinlicherweise Klaus Wowereit wieder zum Regierungschef ausrief, obwohl nicht genug Stimmen zusammengekommen waren. Die CDU-Fraktion ging am Donnerstag noch nicht so weit, Mompers Rücktritt zu fordern. Vorerst fühlt man sich von ihm „nicht mehr vertreten“.
Über Parlamentspräsidenten und ihre angebliche Parteilichkeit hat es schon öfter Streit gegeben, nicht nur, als Helmut Kohl 2002 den damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse nach einem Spiegel-Bericht „den schlimmsten Präsidenten seit Hermann Göring“ nannte. Jeder dieser Streite aber ist schädlich, denn Zielscheibe ist nicht der politische Gegner, sondern eine demokratische Institution. Am Amtsinhaber liegt es, für gerechtfertigte Kritik erst gar keinen Anlass zu geben. Für Momper gilt das künftig noch mehr als bisher.