eichels haushaltsloch : Die Wähler sind schlauer
Hans Eichel sollte zurücktreten. Er ist auf der ganzen Linie gescheitert. Höhere Schulden, Nachtragshaushalt, Steuererhöhungen und eine neuerliche Verletzung des EU-Stabilitätspaktes sind die vernichtende Bilanz einer Politik, die Stabilität zum höchsten aller Ziele erklärt hatte. Es ist schlimm genug, wenn ein Minister seine Ziele nicht verwirklichen kann. Abtreten sollte er spätestens, wenn er das Gegenteil von dem tun muss, was er für richtig hält. Dieser Zeitpunkt ist erreicht.
Kommentar von BETTINA GAUS
Dahin hätte es nicht kommen müssen. Weder der Finanzminister noch die rot-grüne Koalition insgesamt tragen die alleinige Verantwortung für die Misere, vielleicht nicht einmal die Hauptschuld daran. Manche Fehlentscheidungen der Vergangenheit – wie beispielsweise die Überlastung der Sozialsysteme im Zusammenhang mit der deutschen Einheit – sind allzu schwer wiegend, als dass sie sich innerhalb von einer oder zwei Legislaturperioden korrigieren ließen. Auch ist der Hinweis auf die schwächelnde Weltkonjunktur nicht allein schon deshalb falsch, weil er allzu oft wiederholt wird.
Der Fehler des Finanzministers und seiner Parteifreunde liegt woanders: Sie haben die Bevölkerung unterschätzt und deshalb versucht, sie für dumm zu verkaufen. Dabei waren die Wählerinnen und Wähler doch in hohem Maße dazu bereit gewesen, Opfer für die Konsolidierung des Haushalts zu bringen. Damit hatten sie die gängige Publikumsbeschimpfung widerlegt, die besagt, dass die breite Masse keine langfristigen Ziele zu verstehen oder zu verfolgen imstande ist. Genützt hat es nichts. Die Regierenden ließen sich von der schlechten Meinung über ihre Anhänger nicht durch Tatsachen abbringen.
Wer Probleme ehrlich benennt und eine ergebnisoffene Diskussion zu führen bereit ist, dem werden auch Fehler verziehen. Die Regierung wählte einen anderen Weg. Dekrete von oben wurden erlassen, die Bevölkerung wurde als egoistisch geschmäht, wer Kritik zu äußern wagte, in Acht und Bann geschlagen. Noch in der letzten Woche galt als ewig gestrig, wer zu einer höheren Neuverschuldung riet. Von heute an werden sich alle beschimpfen lassen müssen, die diesen Schritt für falsch halten. Ein solcher Zickzackkurs ist der Versuch, ein Konzept durch die Ideologie des so genannten Pragmatismus zu ersetzen – also ein politischer Offenbarungseid. Die Richtlinien der Politik bestimmt allerdings nicht der Finanzminister. Sondern der Kanzler.