die wiener presse über die verhaftung des ölmagnaten chodorkowski :
Russland drohe ein Rückfall in die Diktatur, meint die Wiener Presse: Im Schatten des Moskauer Untersuchungsgefängnisses Matrosenruh', wo Chodorkowski derzeit die Willkür der Macht zu spüren bekommt, blühen nicht Demokratie, Freiheit und Herrschaft des Rechts, sondern der „Putinismus“ – ein beinharter, aggressiver Autoritarismus. Nicht einmal in den düstersten Tagen der Sowjetherrschaft war der Geheimdienst KGB vermutlich derart mächtig und derart einflussreich, wie es Putin und seine St. Petersburger Geheimdienstclique heute sind. Ihr Denken und Handeln hat ein Leitmotiv: Alles und jeder im Land hat sich ihnen unterzuordnen; Russland soll wieder ein streng vom Kreml aus regierter und kontrollierter Staat werden. Aber das ist ganz sicher kein Herrschaftsmodell für Russland im 21. Jahrhundert.
Der Wiener Kurier kommentiert: Mit der Verhaftung Chodorkowskis hat der Kreml-Chef eine rote Linie übertreten. Unliebsame Gegner einfach wegzusperren, erinnert fatal an düstere Sowjetzeiten. Wenn man im Westen schon seit Jahr und Tag über übelste Menschenrechtsverletzungen in der abtrünnigen russischen Republik Tschetschenien hinwegsieht, sollte man zumindest jetzt reagieren. Nicht Herrn Chodorkowski zuliebe, sondern letztlich im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit.