die taz vor 19 Jahren : Umweltminister Töpfer trickst
Es ist der Traum der Umweltschützer: eine gesetzlich verankerte Umweltverträglichkeitsprüfung, die die schädlichen Auswirkungen von neuen Projekten wie Autobahnbau, Flughafenerweiterung oder Industrieansiedlung schon vor deren Genehmigung offenkundig machen würde. Doch dieser Traum scheint nun zu platzen: Zwar schreibt eine EG-Richtlinie vor, daß die Umwelt-Prüfung bis 1988 nationales Recht werden muß, und auch der Bundestag hatte sich 1983 für ein solches Gesetz ausgesprochen – doch Umweltminister Töpfer scheint einen Dreh gefunden zu haben, wie er diesen Prüfstein einer vorsorgenden Umweltpolitik beseitigen kann: Nach Information der Grünen wird Töpfer auf der heutigen Sitzung des Umweltausschusses nicht den erwarteten Gesetzentwurf vorlegen, sondern nur ein „Artikelgesetz“, nach dem die Umweltverträglichkeitsklausel in die Artikel bestehender Gesetze eingebaut wird.
Der Unterschied zwischen beiden Varianten betrifft die Unabhängigkeit und die Transparenz einer Umweltprüfung. Die Wischiwaschi-Lösung eines „Artikelgesetzes“ erfreut sich dagegen größerer Akzeptanz. Die Grünen wollen nun den Gesetzentwurf der Umweltverbände überarbeitet in den Bundestag einbringen. Nach ihren Vorstellungen muß die Verträglichkeitsprüfung für Projekte wie Deponiestandorte, für Pläne wie im Fernstraßenbau, für Subventionsprogramme und auch für Produkte etwa der chemischen Industrie bindend werden. Die SPD-Fraktion beriet gestern noch über einen eigenen Antrag. taz, 7.10.1987, Charlotte Wiedemann