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Archiv-Artikel

die schauspielerin sibel kekilli „Wir wollen Frau Kekilli nichts Böses“

SIBEL KEKILLI (23), Schauspielerin und Berlinale-Siegerin („Gegen die Wand“) hat auch im Pornofilmgeschäft gearbeitet. Das enthüllte „Bild“. Was bedeutet das? Eine echte Herausforderung, der sich Feuilletons und Gesellschaft zu stellen hatten. Sind alle Fragen geklärt? Wir fassen zusammen.

DAS SAGT MATTHIEU CARRIÈRE

„Besser vom Pornofilm zum Oscar als umgekehrt.“

DAS SAGT DER PORNOPRODUZENT

Klaus Goldberg, Produktionsleiter der Magmafilm-GmbH, hat Sibel Kekilli beschäftigt.

taz: Wann haben Sie „Bild“ den entscheidenden Tipp mit den Pornofilmen gegeben?

Klaus Goldberg: Gar nicht! Die Herren haben mich am Sonntag auf dem Handy angerufen und damit konfrontiert. Da gab es nichts zu leugnen. Also habe ich es bestätigt: Ja, Frau Kekilli hat für uns gearbeitet. Ja, sie hat es gerne getan.

Haben Sie der Zeitung die Bilder zur Verfügung gestellt?

Nein, wenn man sich die Bilder genau anschaut, dann sieht man, dass das von einem Film abgezogen ist. Wir wollen Frau Kekilli ja nichts Böses und haben ihr auch zum Goldenen Bären gratuliert.

Für März haben Sie eine Video-Sonderedition mit Sibel Kekilli angekündigt?

Als Geschäftsleute müssen wir natürlich auf die gestiegene Nachfrage reagieren. Sie hat sich ja auch schon dazu bekannt, es tut also keinem weh, wir sehen das ganz neutral …

DAS SAGEN DIE FEUILLETONS

Die SZ empörte sich als einzige (neben der taz) über das Arbeitsverständnis der Bild-Kollegen. „Film-Diva in Wahrheit ein Pornostar?“ Willi Winklers Analyse der Schlagzeile: „Jedes einzelne Wort ist eine Lüge.“ Sagen wir: Fast jedes – oder gilt für die Präposition und den unbestimmten männlichen Artikel: mitgefangen, mitgehangen? Der Tagesspiegel stellt Kekilli in eine Reihe mit Lisa Fitz, Ingrid Steeger, Heiner Lauterbach und Konstantin Wecker (Die Welt ergänzt: Silvester „Italian Stallion“ Stallone), die ja auch „in frühen Jahren“ Sexfilme gedreht hätten. Stellt dann aber einen Zusammenhang mit dem Berlinale-Sieger-Film her. „Warum sollte die Schauspielerin nicht mindestens so frei sein wie ihre Figur – so antikonventionell, wie die deutsche und türkische Community sich das in ihren lustvollen Alpträumen nur ausmalen mag?“ Die Frankfurter Rundschau versucht das Entsetzen mit Humor zu bewältigen und fabuliert von zwei Redakteuren einer „Zeitung“ (Zeitung in Anführungszeichen), die 2003 im Pornokino waren und sich dann am Berlinale-Sonntag an die Hauptdarstellerin erinnern. Überhaupt schimmert durch, dass Feuilletonisten offenbar glauben, Bild-Kollegen würden ständig in Pornokinos rumhängen. Wird hier nicht ein komplexer Arbeits- und Privatbereich geradezu infam boulevardesk verkürzt? Am zynischsten ist bekanntlich die Welt, das sagt sie selbst („Pfui, wie zynisch.“). Jaja, die Grenzen zwischen Pornografie und Kunst existierten schon noch, „aber die Grenzkontrollen sind nahezu abgeschafft.“ Woraus folgt: „Könnte man Pornoerfahrung nicht als Voraussetzung für eine Medienkarriere einführen?“ Die Welt schlägt der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch vor, „ein zweiwöchiges Aktivpraktikum bei Teresa-Orlowski-Produktionen in ihr Curriculum“ aufzunehmen. FRA/PU

UND DAS KRIEGT DEN

SIGMUND-FREUD-PREIS

„Wir stehen hinter ihr wie eine Eins.“ (D. Kosslick, Berlinale-Chef)