die bilder zum buch: emil nolde im pmbm : Verbotene Farbexplosionen
Wenn Bilder trotz papierschonender 50-Lux-Dämmerung leuchten wie Kirchenglas, muss es etwas Besonderes mit ihnen auf sich haben. Emil Noldes kleinformatige Aquarelle, die derzeit im Modersohn-Becker-Museum schimmern, sind in der Tat in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Sie sind „ungemalt“ im doppelten Sinn: Nolde schuf sie während des 1941 verhängten Malverbots als schnell versteckbare Kleinstudien und unterließ später die geplante großformatige Ausführung.
Dass Nolde zum „entarteten“ statt zum Staatskünstler wurde, ist Ergebnis eines Richtungskampfes innerhalb der NSDAP. Goebbels etwa hatte einen Nolde zu Hause und schwärmte für „nordischen Expressionismus“. Den „Ungemalten Bildern“ freilich, literarisch gewürdigt in Siegfried Lenz‘ „Deutschstunde“, sieht man Noldes Einbeziehbarkeit in das Erscheinungsbild eines „modernen Faschismus“ nicht an. Im Gegenteil: Nolde befreite sich in seinen Tempera-Räuschen (Ölfarbe hätte zu stark gerochen) so weitgehend wie nie von konventioneller Gegenständlichkeit. Zwar finden sich unter den 120 gezeigten Arbeiten auch theatral anmutende Motive wie das „froschgrüne Paar“, auch bei den rein expressiven Farbexplosionen konnte es Nolde nicht immer lassen, wenigstens mit dem Pinselende ein paar Konturen zu ritzen. Insgesamt zeugt die beeindruckende Schau von unter Extrembedingungen komprimierter Kreativität. Henning Bleyl
Bis zum 15. Juli in der Böttcherstraße