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Archiv-Artikel

die anderen über schröder, fischer und das atomding aus hanau

Im Focus meint Harald Schmidt über Hanau und China: Der Kanzler hat’s gut. Wird ihm hier der Stress zu viel, macht er für ein paar Tage rüber nach China. Keine Basis, keine Niedersachsen, kein Gerster – nur jubelnde Chinesen, wo immer sich der deutsche Regierungschef in Begleitung unserer führenden Wirtschaftsköpfe zeigt. Diese zeigen sich rundum begeistert: vom „rasanten Wachstum“ mindestens ebenso wie von der „politischen Offenheit“. Verständlich, denn mit beidem sieht es ja hierzulande eher trüb aus. Vor allem in Fragen der politischen Offenheit können wir von der chinesischen Führung einiges lernen. Musste je ein chinesischer Partei- und Regierungschef mit Rücktritt drohen? Bleibt nicht dem überwiegenden Teil unserer chinesischen Freunde das Zahlen von Krankenkassenbeiträgen erspart? Gibt es im Mandarin-Wörterbuch eine Seite, auf der sich „Renteneintrittsalter“ finden lässt? Die Liste der sozialstaatlichen Vorzüge ließe sich beliebig erweitern.

Und jetzt kaufen sie uns auch noch den alten Atomkrempel aus Hanau ab. Natürlich beobachten wir das mit einem roten und einem grünen Auge. Aber erstens ist es ein Unterschied, ob so ein Atomding im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet steht oder irgendwo zwischen Hongkong und Gobi. Platz hat der Chinese ja massenhaft. Und außerdem nutzt er das alles nur friedlich. Das hamse uns versprochen.

Vielleicht ist dies der richtige Zeitpunkt, um den Begriff „Menschenrechte“ mal ins Spiel zu bringen. Bloß, damit es mal gesagt ist. Menschenrechte klingt ja schon länger irgendwie nur noch nach Kabarett, und man will sich bei den Chinesen ja auch nicht einmischen. Wo doch alles so schon wächst und brummt.

Der Tagesspiegel am Sonntag aus Berlin meint dazu: Die Schließung der Nuklearbetriebe im zweiten Anlauf war für die Grünen viel mehr als ein sachlicher Erfolg. Er war der Durchbruch zur Legitimation grüner Regierungsbeteiligungen. Allen voran Fischer stand damals dafür ein, dass die Grünen zum Zweck, nicht zum Selbstzweck an die Macht wollten. Weder beim Atomausstieg noch bei den Militäreinsätzen wurde mit Positionen und Symbolen so lapidar, so beiläufig umgegangen wie in diesem Fall. Man fühlt beinahe Mitleid mit den grünen Abgeordneten, die jetzt irgendwie auslöffeln müssen, was andere angerührt haben. Und der grünen Anhängerschaft, der ein entrücktes Spitzenpersonal keine Erklärungen mehr gönnt. Ein Hauch von Endzeit kommt auf, wenn Fischer und Schröder das politische Fingerspitzengefühl so abhanden gekommen ist.