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Archiv-Artikel

die anderen über fischers wesen und irakische integration

Die Basler Zeitung beschäftigt sich mit dem möglichen Sturz von Bundesaußenminister Joschka Fischer: Die Tage von Joschka Fischer sind gezählt, allzu lange wird sich der Außenminister im Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht mehr im Amt halten können. Diesen Eindruck jedenfalls bekommt, wer derzeit durch die deutschen Zeitungen blättert. Dabei scheinen allerdings weniger die Fakten der Visa-Affäre im Vordergrund zu stehen. Vielmehr drängt sich auf, dass Fischers Wesen Ursache der Treibjagd ist. Eine zynische, gnadenlose Arroganz wird ihm nachgesagt, nicht erst in diesen Tagen. Sie muss offensichtlich auch eine Reihe von Edelfedern der deutschen Leitmedien getroffen haben. Wie kommt Fischer aus dieser Bedrängnis wieder heraus? Sollte er unter dem Druck der Medien zurücktreten, hätten diese allerdings auch ein Eigentor geschossen: Für griffige Schlagzeilen war Fischer immer gut, ohne ihn würde der Alltag im Berliner Regierungsviertel ein gutes Stückchen grauer. Ein Ausscheiden Fischers aus seinem Amt hätte aber auch für die Bundesregierung fatale Folgen. Fischer hält nicht nur die Koalition zusammen. Ohne ihn käme auch den Grünen ihre Identifikationsfigur abhanden. Ersatz ist nicht in Sicht. Zudem: Was würde Fischers Rücktritt nützen? Die Medien haben längst das nächste Regierungsmitglied im Visier – Innenminister Otto Schily, dem Urteil der Journalisten nach mindestens ebenso arrogant wie Fischer.

Über die Politik nach der Wahl des nominierten irakischen Ministerpräsidenten Ibrahim al-Dschafari schreibt die New York Times: Wegen der bemerkenswert geringen Wahlbeteiligung in den sunnitischen Gebieten könnte im Parlament sogar eine Zweidrittelmehrheit ohne wesentliche sunnitische Beteiligung zustande gebracht werden. Das wäre indes ein katastrophaler Fehler. Der entfremdeten sunnitischen Gemeinschaft so weit wie möglich entgegenzukommen bietet die einzig realistische Hoffnung, den derzeitigen Aufstand in Schach zu halten und der Demokratie zu ermöglichen, dauerhaft Wurzeln zu schlagen. Während al-Dschafari begonnen hat, sich von spalterischen Positionen zu distanzieren, beharrt er weiterhin darauf, die unteren Ränge der Baath-Parteimitglieder zu säubern, denen erst kürzlich die Wiedereinsetzung in Regierungsämter gestattet worden war. Das würde nur Leute bestrafen, die aus beruflichen statt ideologischen Gründen der Partei beigetreten waren, und die Mittelklasse-Sunniten weiter vor den Kopf stoßen, die die Regierung so verzweifelt für sich gewinnen muss.