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Archiv-Artikel

die anderen über die wahl des exislamisten gül zum türkischen präsidenten

Die Neue Zürcher Zeitung kommentiert: Gewiss haben der Sieg der Regierungspartei bei den Parlamentswahlen und die Wahl Güls das kemalistische Lager geschwächt. Aber wie sich leider in der Geschichte der Republik Atatürks wiederholt gezeigt hat, verleiht demokratische Legitimität keinen Schutz vor Militärputschs und Pressionen durch die Generäle. Die Partei von Präsident Gül und Ministerpräsident Erdogan muss jetzt die bereits in Angriff genommene Reform der Streitkräfte vertiefen und das Prinzip der Unterordnung des Militärs unter die Politik verankern. Diese Aufgabe verlangt Fingerspitzengefühl, für Triumphalismus besteht nicht der geringste Anlass.

Die spanische Zeitung El Periódico de Catalunya aus Barcelona meint dazu: Zum ersten Mal seit der Abschaffung des Kalifats durch Kemal Atatürk hat die Türkei einen strenggläubigen Muslim als Staatsoberhaupt. Die eigentliche Gefahr für den weltlichen Staat geht jedoch nicht von der Frömmigkeit der politischen Führer aus, sondern von der wirtschaftlichen und kulturellen Rückständigkeit des Landes. Die Islamisten haben das Amt des Staatschefs und die Regierung in der Hand. Nun muss sich zeigen, ob sie so gemäßigt sind, wie sie sich geben. Die Militärs und ihre Verbündeten fürchten, dass man dies erst erfahren wird, wenn es bereits zu spät ist.